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Zweifel an charakterlicher Eignung genügen für Ablehnung


Der nachfolgenden Entscheidung liegt zugrunde, dass gegen den Kläger ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anhängig ist und die Verwaltungsgerichte es nicht als ihre Aufgabe ansehen, anstelle der Staatsanwaltschafts oder des Strafgerichts die Vorwürfe zu prüfen und über deren Berechtigung zu entscheiden.
Aus der Tatsache, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, ergeben sich Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers - und diese Zweifel lässt die Verwaltungsgerichtsbarkeit genügen für die Begründung der Ablehnung des Begehrens des Klägers, zum Beamten ernannt zu werden.

Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss vom 10.01.12 - 6 A 141/11 -

Es genügen Zweifel an der charakterlichen Eignung

Das Oberverwaltungsgericht NRW führt zur Frage der charakterlichen Eignung u. a. folgendes aus:

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die ... Einschätzung des beklagten Landes, es bestünden Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers, sei nicht zu beanstanden. Das Land habe diese Zweifel aus dem Verdacht abgeleitet, dass der Kläger in dem gegen das Land gerichteten arbeitsgerichtlichen Verfahren seine prozessuale Wahrheitspflicht in möglicherweise strafrechtlich relevanter Weise verletzt habe. Der Verdacht beziehe sich auf ein dienstlich relevantes gravierendes Fehlverhalten, das den Kernbereich des Vertrauensverhältnisses zum beklagten Land als derzeitigem Arbeitgeber und potentiellem künftigen Dienstherrn berühre.

Soweit der Kläger rügt, im Hinblick auf die Frage seiner charakterlichen Eignung sei der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt worden, scheint er bereits außer Acht zu lassen, dass die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe nicht nur und erst dann in Betracht kommt, wenn der Dienstherr festgestellt hat, dass der Bewerber die erforderliche charakterliche Eignung nicht besitzt, sondern schon berechtigte Zweifel daran genügen, ob der Bewerber die erforderliche charakterliche Eignung besitzt.

Die gerichtliche Kontrolle ist auch insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hiervon ausgehend war im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung die Einschätzung des beklagten Landes, es bestünden Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers, nicht zu bemängeln. Diese Zweifel resultierten aus den Vorwürfen, die Gegenstand des von der Staatsanwaltschaft geführten - bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch nicht abgeschlossenen - Ermittlungsverfahrens waren. Dieses Verfahren gründete auf den Vorkommnissen, die sich im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zugetragen hatten, das der Kläger gegen das beklagte Land wegen der Besetzung der Stelle eines Direktors an der Gesamtschule V. geführt hatte. Das Ermittlungsverfahren war eingeleitet worden, nachdem der Präsident des Arbeitsgerichts die Staatsanwaltschaft um Überprüfung gebeten hatte, ob hinsichtlich des Verhaltens des Klägers im genannten Verfahren strafrechtliche Belange - hier in Form eines versuchten Prozessbetruges - berührt seien.

Dass das Verwaltungsgericht sich auf die Feststellung beschränkt hat, das Land sei schon aufgrund dieses - den Kernbereich des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Kläger und dem beklagten Land betreffenden - Sachverhalts berechtigt gewesen, die für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis erforderliche charakterliche Eignung des Klägers in Zweifel zu ziehen, ist nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht war vorliegend ... nicht gehalten, die dem Kläger zur Last gelegten Vorwürfe dem Ermittlungsverfahren vorgreifend zu bewerten und auf dieser Grundlage abzuschätzen, wie das Verfahren ausgehen wird. Eine solche Vorgehensweise wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn der dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Verdacht offensichtlich unbegründet gewesen wäre. Dafür gibt indes auch das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes her. ...


Beachten Sie ggf. aber bitte auch folgende Entscheidung, deren vollständigen Text Sie im Internet in der Entscheidungssammlung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts finden:
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.07.12, 1 Bs 117/12

Ein externer Bewerber für die Einstellung als Polizeimeister kann nicht im Wege der einstweiligen Anordnung die Freihaltung einer Planstelle bis zur abschließenden Entscheidung über seine Einstellung verlangen, wenn keine ernsthaften Zweifel daran bestehen, dass derzeit und in absehbarer Zeit ausreichend viele Planstellen für seine Einstellung zur Verfügung stehen (Kein Anordnungsgrund für Konkurrentenverfahren).

Ein entlassener Beamter kann die wegen der Einleitung eines von seinem früheren Dienstherrn eingestellten Disziplinarverfahrens bestehenden Zweifel an seiner charakterlichen Eignung im Rahmen eines Einstellungsverfahrens zerstreuen.

Auch die folgende Entscheidung finden Sie im Internet (oder in der ZBR 2018, 863 ff.):

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.03.18 - OVG 4 S 19.18 -

Leitsatz
1. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr die charakterliche Eignung eines Einstellungsbewerbers für den Polizeivollzugsdienst verneint wegen Erkenntnissen aus einem gegen diesen geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, das nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat (hier: Absehen von der Verfolgung nach § 45 Abs. 1 JGG). Dies gilt auch dann, wenn der Betroffene die ihm vorgeworfenen Verfehlungen als Jugendlicher unter 18 Jahren begangen hat (Änderung der Rechtsprechung).
2. Die Behörde darf im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums grundsätzlich auch länger zurückliegende Verfehlungen berücksichtigen, wenn ein Verwertungsverbot nach § 52 Abs. 1 BZRG noch nicht eingetreten ist.
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