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Verschweigen von früherem Ermittlungsverfahren


Wird im Einstellungsverfahren auf entsprechende Frage hin verschwiegen, dass gegen den Bewerber früher Ermittlungsverfahren geführt wurden, kann das Eignungszweifel begründen.

VG Mainz, Beschluss vom 19.03.19, 4 L 105/19.MZ

Ein Bewerber für den Vorbereitungsdienst der Bundespolizei hat sämtliche gegen ihn geführten Ermittlungverfahren anzugeben.

Leitsatz
1. Es bestehen berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Bewerbers für den Vorbereitungsdienst der Bundespolizei, wenn der Bewerber im Rahmen der Bewerbung und im Auswahlverfahren nicht alle gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren angibt.
2. Berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung können sich zudem aus einem gegen den Bewerber geführten Strafverfahren wegen Körperverletzung ergeben, auch wenn dieses letztlich eingestellt wurde. Ein solcher Vorwurf steht im Widerspruch zur Tätigkeit eines Polizeivollzugsbeamten, dessen Aufgabe es ist, Straftaten zu verhindern und zu verfolgen sowie Konflikte möglichst deeskalierend und gewaltfrei zu lösen.

Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 7.613,94 Euro festgesetzt.

Gründe:
Der Antrag, mit dem die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet werden soll,
den Antragsteller in den mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei mit Dienstbeginn 01.03.19 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf vorläufig bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache einzustellen,
hilfsweise über seine Bewerbung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO – kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund).
Der Antragsteller hat im vorliegenden Fall weder einen Anordnungsanspruch (1.) noch einen Anordnungsgrund (2.) glaubhaft gemacht.

1. Dem Antragsteller steht weder aus dem Haupt-, noch aus dem Hilfsantrag ein Anordnungsanspruch zu. Mit diesen erstrebt er eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, da sie auf die Erweiterung seiner Rechtsposition abzielen, nämlich auf seine vorläufige Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei beziehungsweise eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung. Eine solche Anordnung ist, wenn sie wie vorliegend der Hauptsache vorgreift, nur gerechtfertigt, wenn neben einem Anordnungsgrund auch ein Anordnungsanspruch vorliegt, also bei summarischer Prüfung eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für den geltend gemachten Anspruch spricht. Dies ist hier nicht der Fall. Nach der in Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat der Kläger keinen Anspruch auf vorläufige Einstellung.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei – Bundes­polizei-Laufbahnverordnung, BPolLV – werden Bewerber als Beamte auf Widerruf in den Vorbereitungsdienst der Bundes­polizei eingestellt. Hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Verbeamtung, kann er die Einstellung in den Vorbereitungsdienst nicht verlangen.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Bewerbung des Antragstellers um Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundes­polizei als Beamter auf Widerruf zum Einstellungstermin 01.03.19 wegen Zweifeln an dessen charakterlicher Eignung nicht zu berücksichtigen, ist nicht zu beanstanden. Insbesondere vermochte der Antragsteller nicht, diese Zweifel zu entkräften.

Ein unbedingter Anspruch auf Einstellung des Antragstellers unter gleichzeitiger Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf, der allein auf Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes – GG – gestützt werden könnte, scheidet von vornherein aus. Diese Vorschrift gewährt dem Bewerber um ein öffentliches Amt keinen unbedingten Einstellungsanspruch, sondern lediglich den sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch (OVG NRW, Beschluss vom 18.10.13 – 1 B 1131/13 –, Rn. 5 m.w.N.). Dieser gewährt dem Bewerber ein grundrechtsgleiches Recht darauf, dass über seinen Antrag auf Zugang zu öffentlichen Ämtern nur nach Maßgabe seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ermessensfehlerfrei entschieden wird (BVerwG, Urteil vom 30.06.11 – 2 C 19/10 –, BVerwGE 140, 83-92, Rn. 14 m.w.N.).
Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zu Grunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (OVG RP, Beschluss vom 02.07.14 – 10 B 10320/14 –, Rn. 5; BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1986 – 1 WB 128/85 –, BVerwGE 83, 200-201, Rn. 19).

Auch nach § 1 BPolLV i.V.m. § 3 der Bundeslaufbahnverordnung – BLV – sowie § 2 Bundespolizeibeamtengesetz – BPolBG – i.V.m. § 9 Bundesbeamtengesetz – BBG – hat sich die Auswahlentscheidung hinsichtlich der Bewerber insbesondere nach deren Eignung zu richten. Diese erfasst auch die charakterliche Eignung als Unterfall der persönlichen Eignung. Für die charakterliche Eignung ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird.
Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Einstellungsbewerbers, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen (BVerwG, Beschluss vom 20.07.16 – 2 B 17/16 –, Rn. 26). Zur Ablehnung der Einstellung genügen bereits berechtigte Zweifel des künftigen Dienstherrn daran, ob der Bewerber die notwendige – auch charakterliche – Eignung besitzt, die für die Ernennung notwendig ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.03.18 – OVG 4 S 19.18 –, Rn. 6; OVG NRW, Beschluss vom 07.09.17 – 6 B 1072/17 –, Rn. 7 m.w.N.; VGH BW, Beschlüsse vom 10.03.17 – 4 S 124/17 –, Rn. 6 und vom 27.11.08 – 4 S 2332/08 –, Rn. 4).
Bei der angestrebten Einstellung in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes darf der Antragsgegner die Fähigkeit und innere Bereitschaft des Bewerbers voraussetzen, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen, insbesondere die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten (BVerfG, Beschluss vom 21. Februar 1995 – 1 BvR 1397/93 –, BVerfGE 92, 140-157, Rn. 44; SächsOVG, Beschluss vom 20.09.17 – 2 B 180/17 –, Rn. 13; VGH BW, Beschluss vom 27.11.08 a.a.O., Rn. 3).
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner für den Polizeivollzugsdienst besonders hohe Anforderungen an die Integrität und charakterliche Stabilität der Bewerber stellt.
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Antragsgegnerin die Bewerbung des Antragstellers mit Bescheid vom 18.02.19 beurteilungs- und ermessensfehlerfrei abgelehnt.

a) Berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers durften sich für die Antragsgegnerin zum einen daraus ergeben, dass dieser im Rahmen der Bewerbung und später im Auswahlverfahren zumindest ein gegen ihn geführtes Ermittlungsverfahren nicht angegeben hat.
Zu den Pflichten eines Beamten gehört ein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert (Wohlverhaltenspflicht, § 2 BPolBG i.V.m. § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG). Daneben haben Beamte ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (Unterstützungspflicht, § 2 BPolBG i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 1 BBG). Aus diesen Pflichten wird die Wahrheitspflicht abgeleitet (OVG NRW, Urteil vom 27.04.16 – 3d A 1890/14.O –, Rn. 85). Danach hat der Beamte in allen dienstlichen Belangen die Wahrheit zu sagen, dienstliche Äußerungen muss er sorgfältig prüfen und sich darauf vorbereiten (VG Koblenz, Beschluss vom 07.03.18 – 2 L 130/18.KO –). Dies betrifft auch Angaben im Bewerbungsverfahren, aus denen abgeleitet werden kann, ob der Bewerber diesen Pflichten genügen wird.
Bei dem Verschweigen von Ermittlungsverfahren handelt es sich um eine Verhaltensweise, die für sich genommen geeignet ist, die charakterliche Integrität des Bewerbers in Frage zu stellen (OVG NRW, Beschluss vom 19.11.14 – 6 A 1896/13 –, Rn. 48; VG Berlin, Beschluss vom 01.12.16 – 26 L 227.16 –, Rn. 19). Denn durch die Angabe – auch eingestellter – Verfahren wird der Dienstherr überhaupt erst in die Lage versetzt, sich durch Beiziehung der Ermittlungsakten ein umfassendes Bild darüber zu machen, ob ein Bewerber dauerhaft den besonderen charakter­lichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes gewachsen sein wird (VG Berlin, Beschluss vom 01.12.16 a.a.O., Rn. 19). Aus dem Inhalt beizuziehender Ermittlungsakten können sich nämlich – wie im vorliegenden Fall – durchaus Rückschlüsse auf Verhaltensweisen des Betroffenen, insbesondere auf sein Sozialverhalten sowie seine Selbstkontrolle, ergeben.
Die Antragsgegnerin durfte die Nichtmitteilung des Ermittlungsverfahrens zum Anlass nehmen, an der charakterlichen Eignung des Antragstellers zu zweifeln.
Zwar hat der Antragsteller die Fragen in der Erklärung über Strafverfahren/ Ordnungswidrigkeitsverfahren (Bl. 16 der Verwaltungsakte) vom 30.09.18 korrekt ausgefüllt, indem er durch Ankreuzen angab, in der Vergangenheit Beschuldigter eines polizeilichen, staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Verfahrens gewesen zu sein, welche eingestellt worden seien. Allerdings bestand über das „Ankreuzen“ hinaus eine weitergehende Mitteilungs- und Anzeigepflicht. Dies lässt sich den Ausführungen zu Beginn der Erklärung entnehmen. Danach sind die Bewerber gegenüber der Bundes­polizei verpflichtet, alle Ermittlungsverfahren, polizeiliche Ermittlungen und Ordnungswidrigkeiten, die gegen sie geführt wurden, anzuzeigen – unabhängig davon, ob diese Verfahren eingestellt oder sonst abgeschlossen wurden. Sie sind danach weiterhin zur Mitwirkung im Bewerbungs-verfahren verpflichtet, falsche oder fehlende Angaben können zur Ablehnung der Bewerbung führen. Der Verweis auf die Konsequenzen „fehlender“ Angaben macht nur Sinn, wenn der Bewerber von sich aus Angaben zu den entsprechenden Verfahren zu machen hat, die sich nicht auf das bloße Ankreuzen des Vordrucks beschränken. Auch die Pflicht zur Anzeige „aller“ Ermittlungsverfahren setzt zwingend Angaben seitens der Bewerber voraus, die über den Vordruck hinausgehen. Denn dieser selbst ermöglicht nur die Angabe, ob generell derartige Verfahren geführt wurden, nicht aber, wie viele und welcher Art (beispielsweise sind keine Textfelder vorgesehen, in die die entsprechenden Aktenzeichen, der jeweilige Vorwurf etc. eingetragen werden können).
Auch der Antragsteller selbst ist ersichtlich von einer über das Ausfüllen des Vordrucks hinausgehenden Mitteilungspflicht ausgegangen. So nahm er mit E-Mail vom 04.10.18 von sich aus Kontakt mit der Antragsgegnerin auf und machte Angaben zu einem Strafverfahren aus dem Jahr 2012 (Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung, eingestellt nach § 170 Abs. 2 StPO). Zu diesem und einem Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen eines Rotlichtverstoßes reichte der Antragsteller Stellungnahmen vom 05.10.18 nach. Entsprechende weitere Mitteilungen sind indes unterblieben. Dabei durfte die Antragsgegnerin die beiden Stellungnahmen vom 05.10.18 so verstehen, dass es sich bei den beschriebenen Vorwürfen um sämtliche gegen den Antragsteller geführten Ermittlungs- und Ordnungswidrigkeitsverfahren gehandelt haben musste. Erst nach der bei Bewerbungen standardmäßig durchgeführten Sicherheits- und Zuverlässigkeits­überprüfung stellte sich durch Auskunft des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz im Januar 2019 und nach anschließender Akteneinsichtnahme heraus, dass gegen den Antragsteller ein weiteres Strafverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Mainz geführt wurde (Tatzeit 24.06.14, eingestellt nach § 47 Abs. 1 JGG).
An dem Verstoß gegen seine Anzeige- und Mitteilungspflicht und letztlich die Wahrheitspflicht vermag auch die – weder unterschriebene noch mit Datum versehene – Stellungnahme des Antragstellers zu diesem Strafverfahren nichts zu ändern. Es ist davon auszugehen, dass diese zu spät, nämlich erst abgegeben wurde, nachdem die Antragsgegnerin bereits erstmals Kenntnis von dem weiteren Verfahren erlangt hatte. Zumindest hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, die Antragsgegnerin bereits zuvor über dieses Verfahren unterrichtet zu haben. Wenn er geltend macht, er habe seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen anhand seiner damaligen Erinnerungen gemacht, so kann dies nicht überzeugen. Angesichts der Ausführlichkeit seiner Schilderungen in der nicht datierten Stellungnahme zum Verfahren …… und der Tatsache, dass insofern sogar eine Hauptverhandlung durchgeführt worden war, erscheint es als äußerst fernliegend, dass er sich bei Abgabe der Erklärung über Strafverfahren/ Ordnungswidrigkeitsverfahren am 30.09.18 nicht mehr an dieses Verfahren erinnert haben soll.
Dieses Verhalten stellt – unabhängig davon, ob der Antragsteller auch ein weiteres Strafverfahren aus dem Jahr 2015 nicht angezeigt hat – eine tragfähige Begründung für die von der Antragsgegnerin gehegten Zweifel an der charakter­lichen Eignung des Antragstellers dar. Denn die Falschangabe in der Bewerbungsphase, also in einem Stadium, in dem die Bewerber in Konkurrenz stehen, lässt darauf schließen, dass der Antragsteller die Bedeutung der Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben gegenüber seinem Dienstherrn verkannt und ihr ein gemessen an den eigenen Interessen zu geringes Gewicht beigemessen hat. Daraus resultiert die Befürchtung, dass auch zukünftig mit einem entsprechenden Fehlverhalten des Antragstellers zu rechnen ist.
...

b) Zum anderen begründet auch der dem Strafverfahren aus dem Jahr 2014 zugrundeliegende Sachverhalt selbst berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für die Tätigkeit als Polizeivollzugsbeamter.
Wie bereits dargelegt, ist im Hinblick auf die charakterliche Eignung für die angestrebte Laufbahn des mittleren Polizeivollzugsdienstes insbesondere die Bereitschaft des Bewerbers maßgeblich, die Freiheitsrechte der Bürger zu wahren und rechtsstaatliche Regeln einzuhalten. Die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gehört zu den Kernaufgaben des Polizei­vollzugsdienstes. Eigene Verstöße in diesem Bereich sind grundsätzlich geeignet, Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zu begründen. Dies umfasst auch Verstöße, die nicht zu einer Verurteilung geführt haben, sondern bei denen das Ermittlungsverfahren – wie letztlich auch hier – eingestellt worden ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.03.18 – OVG 4 S 19.18 –, Rn. 6; VGH BW, Beschluss vom 27.11.08 – 4 S 2332/08 – Rn. 7).
Der Vorwurf der Körperverletzung und damit der Gewaltausübung gegen andere Personen steht im Widerspruch zur Tätigkeit eines Polizeivollzugsbeamten, dessen Aufgabe es ist, Straftaten zu verhindern und zu verfolgen. Für die Ausübung dieses Berufes ist gerade die Fähigkeit zu einem deeskalierenden Vorgehen und einer gewaltfreien Konfliktlösung erforderlich. Besonders zu berücksichtigen ist dabei, dass der Antragsteller bereits seit vielen Jahren Kampfsport betreibt und daher von ihm erwartet werden kann, angesichts seiner Fähigkeiten in eskalativen Situationen besonnen und zurückhaltend zu agieren. Der Antragsteller vermochte zumindest nicht die Zweifel der Antragsgegnerin zu entkräften und glaubhaft zu machen, dass er in Zukunft derlei Verhaltensweisen nicht mehr an den Tag legen werde. Zudem lassen sich auch dem weiteren Ablauf des Strafverfahrens Zweifel an der charakter­lichen Eignung entnehmen. Denn auf die zunächst erfolgte Einstellung des Verfahrens nach § 45 Jugendgerichtsgesetz – JGG – wirkte der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderungen nicht am Täter-Opfer-Ausgleich mit, der zur Auflage der Einstellung gemacht wurde, so dass es schließlich zu einer Hauptverhandlung kam. Dies lässt darauf schließen, dass er zumindest damals sein Fehlverhalten nicht eingesehen hat. Im weiteren Verlauf wurde das Verfahren zwar durch den Richter eingestellt. Diese Einstellung beruhte allerdings nicht etwa auf dem Fehlen eines hinreichenden Tatverdachtes. Der Verfahrensablauf spricht dafür, dass ein entsprechender Tatverdacht bestand, der Antragsteller die Körperverletzung also wahrscheinlich tatsächlich begangen hat. Denn andernfalls hätte kein Anlass für die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs bestanden. Zum anderen erfolgte die Einstellung letztlich auf Grundlage des § 47 Abs. 1 Nr. 2 JGG, wonach eine Einstellung möglich ist, wenn eine durchgeführte oder eingeleitete erzieherische Maßnahme eine Entscheidung gerade durch Urteil entbehrlich macht.

Ein Beurteilungsfehler ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat erst 16 Jahre alt gewesen ist und sich der Vorfall vor mittlerweile über vier Jahren ereignet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann der Vorwurf nicht als bloße „Jugendsünde“ abgetan werden.
Denn weder haftet dem Tatvorwurf – einer Körperverletzung mittels zweier Schläge auf den Kopf des Geschädigten – ein jugendtypisches Gepräge an noch weist dieser eine nur geringfügige Schwere auf. Darüber hinaus war die Antragsgegnerin auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit nicht gehalten, von einer Berücksichtigung dieses Verfahrens im Rahmen der Prognose der Eignung abzusehen.
Die Grenzen des Beurteilungsspielraums des Antragsgegners ergeben sich bezüglich der Frage der zulässigen Dauer der Berücksichtigung von Verfehlungen, die ein Einstellungsbewerber als Jugendlicher begangen hat, jedenfalls dann, wenn sie zu einer Eintragung ins Erziehungsregister geführt haben, aus den Bestimmungen über Vorhalte- und Verwertungsverbote nach dem Bundeszentralregistergesetz – BZRG – (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.03.18 – OVG 4 S 19.18 –, Rn. 9).
Für Eintragungen in das Erziehungsregister gelten nach § 63 Abs. 4 BZRG die Regelungen über das Vorhalte- und Verwertungsverbot bei getilgten bzw. tilgungsreifen Eintragungen in das Zentralregister (§ 51 BZRG) einschließlich der insoweit geltenden Ausnahmen (§ 52 BZRG) entsprechend. Nach § 51 Abs. 1 BZRG dürfen Tat und Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung im Bundeszentralregister getilgt worden oder zu tilgen ist. Diese Regelung begründet ein absolutes Verwertungsverbot, das von allen staatlichen Stellen – seien es Gerichte oder Behörden – zu beachten ist.
Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Einstellung des Verfahrens nach § 47 JGG zu einer Eintragung ins Erziehungsregister gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG geführt hat. Ein Verwertungsverbot nach § 63 Abs. 4 i.V.m. § 51 Abs. 1 BZRG greift indes noch nicht ein. Da der Antragsteller das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sondern im Zeitpunkt der Ablehnung seiner Bewerbung mit Bescheid vom 18.02.19 erst 21 Jahre alt war, scheidet eine Entfernung der Eintragung nach § 63 Abs. 1 BZRG aus. Auch wäre eine solche Eintragung nicht zu tilgen, da die Tilgungsfrist, die in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 1 BZRG fünf Jahre beträgt und entsprechend § 36 BZRG erst mit der Einstellung nach § 47 JGG zu laufen beginnt (VG Berlin, Beschluss vom 25.07.18 – 28 L 312.18 –, Rn. 26), noch nicht abgelaufen ist.

2. Unabhängig davon, ob sich durch die am 01.03.19 erfolgte Einstellung der Bewerber und der Belegung sämtlicher Plätze der Rechtsstreit nicht bereits erledigt hat und aus diesem Grund der Antrag in Ermangelung des Rechtsschutzbedürfnisses nicht schon als unzulässig anzusehen ist, fehlt es zumindest an einem Anordnungsgrund. Ein solcher ist im Falle der hier beantragten Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO dann gegeben, wenn die (vorläufige) Regelung nötig ist, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden. Eine Eilbedürftigkeit in diesem Sinne liegt hier allerdings nicht vor. Denn angesichts der kurzfristigen Antragstellung hätte eine vorläufige Regelung des Gerichts – hier die begehrte Einstellung, hilfsweise die Verpflichtung zur erneuten Entscheidung – schon nicht mehr vor dem 01.03.19 ergehen können (so auch VGH BW, Beschluss vom 14.12.09 – 9 S 2480/09 –, Rn. 2). Sein angestrebtes Ziel hätte der Antragsteller nur erreichen können, wenn er seinen Antrag rechtzeitig vor dem Einstellungstermin am 01.03.19 gestellt hätte. Der am 28.02.19 um 22:14 Uhr eingegangene Antrag war wegen des nicht mehr aufzuhaltenden Zeitablaufs zum Erreichen der angestrebten vorläufigen Einstellung und damit zur Abwendung des drohenden Nachteils nicht geeignet. Am 01.03.19 waren nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung, dem der Antragsteller nicht entgegengetreten ist, sämtliche Stellen, die für die an diesem Tag beginnende Ausbildung zu Verfügung standen, besetzt. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ernennungen der anderen Bewerber zu Beamten auf Widerruf unwirksam wären. Einen Antrag auf Freihaltung einer entsprechenden Stelle, um zu verhindern, dass mit der Ernennung vollendete Tatsachen geschaffen werden, hat der anwaltlich vertretene Antragsteller ebenfalls nicht gestellt. Mit der Besetzung der Stellen bleibt dem Antragsteller die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes auf Zugang zur gewünschten Ausbildung versagt (BVerwG, Urteil vom 21.08.03 – 2 C 14/02 –, BVerwGE 118, 370-379, Rn. 16).
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