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Verwendungsbreite als konstitutives Merkmal in Ausschreibung eines Beförderungsdienstpostens
Nicht ganz unumstritten ist die Frage, ob im Zuge einer Ausschreibung der Bewerberkreis dadurch beschränkt werden darf, dass der Dienstherr eine bestimmte Verwendungsbreite fordert.
Bisweilen wird es nicht als Indiz für herausgehobene berufliche Qualitäten angesehen, wenn ein Beamter / eine Beamtin mehrere Male nach kurzer Zeit die Dienststelle gewechselt hat.
Aber darum geht es natürlich nicht. Vielmehr wird Erfahrung in mehreren Bereichen bisweilen in Personalentwicklungskonzepten gefordert.
Ganz unproblematisch ist auch das nicht, aber die Rechtsprechung ist nachsichtig.
Der bayerische VGH hat sich unlängst mit diesen Fragen befasst.

Voranstellen wollen wir aber zunächst eine noch aktuellere Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 05.07.22 zu dem Aktenzeichen 1 B 647/22.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 05.07.22 - 1 B 647/22 -

Zur Rechtmäßigkeit (beförderungs-)amtsbezogener Eignungsanforderungen in Personalentwicklungskonzepten

Leitsatz
1. Vom Dienstherrn geschaffene (beförderungs-)amtsbezogene Anforderungsprofile konkretisieren - ähnlich laufbahnrechtlichen Anforderungen - die Zugangsvoraussetzungen bestimmter Ämter (hier sämtliche Ämter des gehobenen Polizeivollzugsdienstes und die ihnen zugeordneten Dienstposten).
2. Der Dienstherr kann allgemeine Eignungsanforderungen in Personalentwicklungskonzepten aufstellen.
3. Mit dem Anforderungsmerkmal "mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst" hat der Dienstherr im Rahmen seines Gestaltungsspielraums aus sachlichen Gründen allgemeine Anforderungen an den Inhaber eines höheren Statusamtes gestellt und damit die Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung konkretisiert.

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Gefordert waren in der Stellenausschreibung:
"c) mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst gem. Ziffer 9.1.2.3 Personalentwicklungskonzept (PEK) und der dazugehörigen Anlage, davon mindestens eine auf einem Dienstposten der Bewertung nach BesGr. A 10-12 BBesO, nach Abschluss der Iaufbahnrechtlichen Probezeit
oder ein bereits übertragener Dienstposten mit der Endbewertung nach BesGr. A 13gZ BBesO.“
Der VGH bezeichnet dies als rechtmäßig.
Da es sich um Fragen der Beförderung bei der Bundespolizei handelte, wurden in anderen Fällen auch andere Verwaltungsgerichte mit der gleichen Rechtsfrage konfrontiert. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 11.08.2022 - 12 B 40/22 - im gleichen Sinne entschieden wie der Hessische VGH.

VGH München, Beschluss v. 10.08.21 – 6 CE 21.1006

Titel:
Mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Verwendungsbereichen als zulässiges konstitutives Anforderungsmerkmal für Dienstpostenbesetzung

Leitsätze:
1. Ein Personalentwicklungskonzept genügt den Anforderungen des Art. 33 GG und kann zur Grundlage einer späteren Beförderungsentscheidung gemacht werden, wenn die im Personalentwicklungskonzept genannten Voraussetzungen grundsätzlich von jedem entsprechend qualifizierten Bediensteten erfüllt werden können, indem die für ein Fortkommen erforderlichen Stellen (Verwendungen) regelmäßig durch Ausschreibungen vergeben werden.
2. Sieht eine Dienstpostenausschreibung als konstitutives Anforderungsmerkmal mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Verwendungsbereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst nach Abschluss der laufbahnrechtlichen Probezeit vor, ist dies nicht zu beanstanden, wenn ein solches in der Ausschreibung gefordertes Merkmal der Verwendungsbreite und der dienstlichen Erfahrung den Bediensteten besser befähigt, das nächsthöhere Statusamt auszufüllen und geeignet ist, eine zuverlässigere Beurteilung des Leistungsvermögens und eine besser fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu gewährleisten.

VGH München, Beschluss v. 10.08.21 – 6 CE 21.1278

Titel:
Mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Verwendungsbereichen als zulässiges konstitutives Anforderungsmerkmal für Dienstpostenbesetzung

Leitsätze:
1. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen, die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen oder zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden.
2. Sind mit der Dienstpostenvergabe Vorwirkungen auf die spätere Vergabe eines Statusamts verbunden, sind auch die Vorgaben des Anforderungsprofils für die Dienstpostenvergabe den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen, weil mit der Übertragung des Dienstpostens die Zusammensetzung des Bewerberfelds für nachfolgende Beförderungsverfahren eingeengt und ggf. gesteuert wird.
3. Sieht eine Dienstpostenausschreibung als konstitutives Anforderungsmerkmal mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Verwendungsbereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst nach Abschluss der laufbahnrechtlichen Probezeit vor, sind Verwendungen vor und während der Probezeit nicht berücksichtigungsfähig, weil diese für das Ziel des Personalentwicklungskonzepts, eine größtmögliche Führungskompetenz in den Spitzenpositionen des gehobenen Dienstes zu erzielen, nicht oder nur unwesentlich von Bedeutung sind. (Rn. 23)

Gründe (Auszug)

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bb) Nach diesen Maßgaben stellt die mit dem konstitutiven Anforderungsmerkmal c) geforderte Verwendungsbreite keine unzulässige Einschränkung des Bewerberfeldes dar. Der Senat hat das wiederholt entschieden (BayVGH, B.v. 25.08.17 - 6 CE 17.1550 - juris; B.v. 29.07.21 - 6 CE 21.1007 - juris) und hält hieran auch mit Blick auf die Einwände der Antragstellerin fest. 20
Das konstitutive Anforderungsmerkmal c), das u.a. mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Verwendungsbereichen im gehobenen Polizeivollzugsdienst nach Abschluss der laufbahnrechtlichen Probezeit voraussetzt, knüpft nicht an den konkret zu besetzenden Dienstposten an (BayVGH, B.v. 25.08.17 - 6 CE 17.1550 - juris Rn. 14, 15). Mit ihm hat die Antragsgegnerin das Bewerberfeld nicht aufgrund der Anforderungen des konkreten streitigen Dienstpostens eingeengt, weil es nicht speziell auf diesen Dienstposten bezogen ist. Vielmehr handelt es sich um ein allgemeines Merkmal, das auf Ziffer 9.1.2.3 des Personalentwicklungskonzepts der Antragsgegnerin (Personalentwicklung in der Bundespolizei) basiert.
Danach erfordert eine Besetzung von Dienstposten mit der Endbewertung nach Besoldungsgruppe A 11-13g BBesO in der Regel mindestens drei Verwendungen in unterschiedlichen Bereichen nach Abschluss der laufbahnrechtlichen Probezeit. Dies steht im Einklang mit § 46 Abs. 2 Nr. 7 BLV, wonach ein die "Fähigkeiten und Kenntnisse erweiternder regelmäßiger Wechsel der Verwendung" zu fördern ist. Das Personalentwicklungskonzept der Antragsgegnerin stellt ein im Organisationsermessen des Dienstherrn stehendes Mittel der Personalentwicklung und -planung dar (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 BLV). Ein derartiges Konzept sorgt für ein transparentes Beförderungssystem, indem den Bediensteten im Voraus die Voraussetzungen und damit auch die eigenen Möglichkeiten aufgezeigt werden, unter denen berufliches Fortkommen gelingen kann. Der Begriff des Wechsels der Verwendung ist hinreichend bestimmt, da die unterschiedlichen Verwendungsbereiche in der Anlage zu Ziffer 9.1.2.3 des Personalentwicklungskonzeptes im Einzelnen aufgelistet sind. Das Konzept genügt den Anforderungen des Art. 33 GG und kann zur Grundlage einer späteren Beförderungsentscheidung gemacht werden, weil die im Personalentwicklungskonzept genannten Voraussetzungen grundsätzlich von jedem entsprechend qualifizierten Bediensteten erfüllt werden können, indem die für ein Fortkommen erforderlichen Stellen (Verwendungen) regelmäßig durch Ausschreibungen vergeben werden (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.11 - 2 VR 4.11 - Rn. 35). Es besteht daher für jeden entsprechend qualifizierten Beamten des gehobenen Polizeivollzugsdienstes - auch für die Antragstellerin - die Möglichkeit, die geforderte Verwendungsbreite zu erlangen (vgl. NdsOVG, B.v. 27.07.17 - 5 ME 23.17 - Rn. 24).
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Außerdem stehen die im Anforderungsmerkmal c) geforderten Voraussetzungen in einem hinreichenden Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Stelle (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.11 - 2 VR 4.11 - juris Rn. 35). Die Antragsgegnerin hat hierzu dargelegt, dass Dienstposten ab der Bewertung Besoldungsgruppe A 12 BBesO mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden seien und einen weitreichenden Erfahrungsschatz voraussetzten. Die Anforderungen des Personalentwicklungskonzepts sollten sicherstellen, dass nur Beamte mit hinreichender Führungs- und Verwendungserfahrung die verantwortungsvollen Funktionen ab der Bewertung Besoldungsgruppe A 12 BBesO wahrnehmen sowie möglichst schnell in die neuen Führungsaufgaben hineinwachsen, um ihrem Auftrag zur Gewährleistung der inneren Sicherheit bestmöglich gerecht zu werden. Hinsichtlich des streitgegenständlichen Dienstpostens hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass die geforderten Verwendungen dem Bewerber ein entsprechend breit gefächertes Führungs- und Organisationswissen vermitteln würden, das ihn auch befähige, sich im Rahmen der dienstlichen Notwendigkeit auf Veränderungen und neue Rahmenbedingungen einzustellen sowie sich schnell mit anderen Aufgabenbereichen, insbesondere in den weiteren Aufgabenbereichen der Bundespolizei (z.B. Bahn, Grenze, Luft, Schutz) auseinandersetzen zu können. Damit liegt auf der Hand, dass das in der Ausschreibung geforderte Merkmal einer Verwendungsbreite und der dienstlichen Erfahrung den Bediensteten besser befähigt, das nächsthöhere Statusamt auszufüllen und geeignet ist, eine zuverlässigere Beurteilung des Leistungsvermögens und eine besser fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu gewährleisten. Darin ist zugleich ein allgemeines Eignungskriterium im Sinn von Art. 33 Abs. 2 GG zu sehen (OVG NW, B.v. 23.05.16 - 1 A 839.15 - juris Rn. 18; vgl. auch NdsOVG, B.v. 27.07.17 - 5 ME 23.17 - juris Rn. 29).
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