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Beförderungsauswahl / Auswahlgespräch als nachrangiges Auswahlelement

Beschränkte Aussagekraft von Vorstellungs- bzw. Auswahlgesprächen; Beurteilungen sind wichtiger


Vorstellungsgespräche bzw. Auswahlgespräche haben im Vergleich mit dienstlichen Beurteilungen nur beschränkte Aussagekraft über die Eignung des Beamten.
Vorstellungsgespräche / Auswahlgespräche können nur die Beurteilungsgrundlagen erweitern und das anderweitig gewonnene Bild eines Bewerbers abrunden. Ob Gespräche dieser Art überhaupt durchgeführt werden dürfen, kann erst das Ergebnis einer sorgfältigen Bewertung der dienstlichen Beurteilungen ergeben, nach der unter Umständen zunächst noch weitere Erkenntnisse in Betracht zu ziehen sind, zum Beispiel Vorbeurteilungen.

Nach ganz allgemeiner Auffassung sind dienstliche Beurteilungen weit bedeutsamer für die Entscheidung über eine Beförderung eines Beamten als der Verlauf eines Vorstellungsgesprächs.
Dienstliche Beurteilungen beziehen sich auf einen längeren, meist mehrjährigen Zeitraum, in dem der Beamte den Anforderungen seines Statusamtes gerecht zu werden hatte, und sie bieten nach ihrer Zweckbestimmung eine weitaus gesichertere Grundlage für die Feststellung der Eignung.
Hierzu finden Sie in den Rechtsprechungsbeispielen zahlreiche Belege. Den deutlichen Vorrang der dienstlichen Beurteilungen als Erkenntnisquelle gegenüber einem Vorstellungsgespräch betont die Rechtsprechung immer wieder.

Ganz überwiegend wird die Meinung vertreten, Auswahlgespräche seien überhaupt nur bei annähernd gleich beurteilten Bewerbern zulässig, sonst müsse die Beurteilung den Ausschlag geben.
Das führt zu der Frage, wann Beurteilungen gleich gut sind.
Das OVG Lüneburg hat sich in zwei interessanten Beschlüssen vom 18.08.11 - 5 ME 209/11 - und - 5 ME 212/11 - zu der Frage geäußert, wann Bewerber als im wesentlichen gleich gut beurteilt anzusehen sind und ob dann noch ein Auswahlgespräch zulässig ist. Da es aber in der Bundesrepublik höchst unterschiedliche Beurteilungs- und Beförderungsrichtlinien gibt, lassen sich einzelne gerichtliche Entscheidungen nicht ohne Weiteres auf jedes Beurteilungssystem übertragen.
In einem Beschluss vom 21.12.11 des VGH Baden-Württemberg, 4 S 2543/11, werden zur Bedeutung der Vorstellungsgespräche für die Auswahlentscheidung differenzierte Betrachtungen angestellt:

VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.12.11, 4 S 2543/11

...
Zwar ist im Rahmen eines Beförderungsverfahrens die Durchführung von Auswahl- oder Vorstellungsgesprächen grundsätzlich zulässig und regelmäßig geeignet, eine breitere Grundlage für eine sachgerechte Auswahlentscheidung zu schaffen. Dabei dürfte es sich bei einem strukturierten, nach festgelegten Kriterien bewerteten Auswahlgespräch um eine unmittelbar leistungsbezogene Erkenntnisquelle handeln, wohingegen ein Vorstellungsgespräch, bei dem es im Wesentlichen um den persönlichen Eindruck des Bewerbers geht, ein Hilfskriterium darstellen dürfte; eine trennscharfe Abgrenzung ist jedoch nicht in allen Fällen möglich.
Die Durchführung von Auswahl- oder Vorstellungsgesprächen kommt - sofern sie nicht normativ vorgesehen sind - insbesondere dann in Betracht, wenn ein Qualifikationsgleichstand der Bewerber besteht (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 21.12.06 - 4 S 2206/06 -; vom 27.10.08 - 4 S 2399/08 -; vom 12.01.10 - 4 S 2455/09 -; vom 14.09.10 - 4 S 1630/10 -; vom 20.01.11 - 4 S 2660/10 -; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 22.04.05 - 2 ME 141/05 -, NVwZ-RR 2005, 588; Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.09.05 - 3 CE 05.1705 -, NVwZ-RR 2006, 344).
Gerade mit Blick auf Vorstellungsgespräche gewinnt der Aspekt an Bedeutung, dass ein solches Gespräch allenfalls eine Momentaufnahme von der Persönlichkeit des Bewerbers vermitteln kann und der Eindruck eines solchen Gesprächs daher nur eine beschränkte Aussagekraft hat. Können Auswahlgespräche danach andererseits aber auch als leistungsbezogene Elemente in Betracht kommen, so setzt dies voraus, dass die Durchführung eines derartigen Gesprächs den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügt. Dazu ist es erforderlich, dass alle Bewerber tatsächlich die gleiche Chance haben, ihre fachliche und/oder persönliche Eignung unter Beweis zu stellen. Dies umfasst insbesondere die Befragung zu gleichen oder vergleichbaren (leistungsbezogenen) Themenkomplexen in einem formalisierten Rahmen sowie die Möglichkeit, in gleichem und ausreichend großem Zeitraum zu antworten. Das setzt weiter voraus, dass diese Auswahlgespräche - für die Bewerber erkennbar - nach im Vorhinein festgelegten, einheitlichen Kriterien und Maßstäben bewertet und die Ergebnisse hinreichend dokumentiert werden (zur Dokumentationspflicht vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.05.11 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191).

Sehr wichtig im Hinblick auf Auswahlgespräche: Dokumentationspflicht


Beruht die Auswahlentscheidung auf dem Ergebnis eines Auswahlgesprächs, dann ist sehr wichtig, in welcher Form der Ablauf des Gesprächs / der Gespräche in den Akten dokumentiert ist. Über Einzelheiten der Dokumentationspflicht streiten sich die Juristen allerdings endlos. Wortprotokolle werden auf keinen Fall verlangt.

Gewährleistet werden muss - durch den Dienstherrn - die Nachvollziehbarkeit des Verlaufs der Vorstellungs- bzw. Auswahl­gespräche anhand zeitnah erstellter schriftlicher Dokumentation.
Zu überprüfen ist dann, ob die Chancengleichheit im Auswahlgespräch gewahrt war.
Offensichtlich sieht die Rechtsprechung die Chancengleichheit eher als gewahrt an, wenn den Bewerbern stets die gleichen - strukturierten und nachvollziehbaren - Fragenkataloge vorgelegt wurden.
Strukturierte Auswahlgespräche müssen nicht notwendig gleich lang dauern. (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.18 - OVG 4 S 41/17 -, in ZBR 2018, 889, 892 f. mit RN 287 ff.)
Eine echte (wörtliche) Protokollierung der Auswahlgespräche einschließlich der Antworten wird von der Rechtsprechung nicht gefordert.

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.06.22 - OVG 10 S 43/21 -

RN 19
Erfolgt die Auswahl auf der Grundlage einer persönlichen Vorstellung, ist es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats notwendig, aber auch ausreichend, dass die an die Bewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in den Grundzügen festgehalten werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. April 2022 – OVG 10 S 38/21 –, juris Rn. 27 m.w.N.). Erfolgt die Auswahl nach Aktenlage, sind dementsprechend die aus dem Akteninhalt gezogenen Schlussfolgerungen des Dienstherrn in ihren Grundzügen in einem Auswahlvermerk festzuhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die abschließende Entscheidung des Dienstherrn über die Stellenbesetzung; nur die bis dahin dokumentierten Gründe können die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung stützen, deren Nachholung oder Auswechselung erst während des gerichtlichen Verfahrens ist damit nicht zulässig (BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 – BVerwG 1 WB 4/12 –, juris Rn. 30 m.w.N.).

Das VG Stuttgart hat in einem Beschluss vom 04.08.08 - 12 K 1486/08 - recht strenge Maßstäbe angelegt:

"Insbesondere sind Eindrücke und Beobachtungen nachvollziehbar zu machen. Mit den Bewerbern muss ein gleicher bzw. vergleichbarer Fragen- bzw. Themenkatalog erörtert werden.
Bedenklich kann dabei die Heranziehung eines nachträglich gefertigten Ergebnisprotokolls sein.

Im vorliegenden Verfahren wurden die Eindrücke über den Verlauf der Auswahlgespräche vom 26.02.08 in einem Aktenvermerk vom 11.03.08 niedergelegt. Diesen Aktenvermerk hat eine Ministerialrätin gefertigt, die an den Auswahlgesprächen als Beobachterin teilnahm, an der Auswahlentscheidung selbst aber nicht beteiligt war.
Die schriftliche Niederlegung von Eindrücken von Gesprächen, die zwei Wochen nach Durchführung der Gespräche erfolgt, bietet nicht die Gewähr der Richtigkeit. Während eines solchen Zeitraums können sich Eindrücke leicht verwischen; es können Unschärfen, Unklarheiten oder sogar falsche Erinnerungen einfließen. Dies gilt umso mehr, als der Aktenvermerk nicht von den zur Entscheidung berufenen Teilnehmern der Auswahlgespräche gefertigt und unterzeichnet wurde, sondern von einer nicht an der Entscheidung beteiligten Beobachterin. Darüber hinaus lässt sich dem Aktenvermerk nicht entnehmen, ob es sich um die persönlichen Eindrücke der Ministerialrätin handelt oder um die ihr vermittelten Eindrücke der an der Entscheidung beteiligten Teilnehmer der Auswahlgespräche.

Dies gibt Veranlassung, die Anforderungen an das Nachvollziehbar-Machen von Eindrücken und Beobachtungen einerseits und an die Darlegung der für die Auswahl entscheidenden Gründe andererseits weiter zu präzisieren: Es ist zu fordern, dass sowohl Eindrücke und Beobachtungen als auch die entscheidenden Gründe schriftlich niedergelegt oder gegebenenfalls auf Band aufgenommen werden. Nur so sind sie für die entscheidenden Personen wie auch ggf. für das Gericht bei einer Überprüfung der Auswahlentscheidung nachvollziehbar. Dies erfordert eine - zumindest stichwortartige - Fixierung der wesentlichen Gesichtspunkte und Details und auch der Kriterien, auf die man sich geeinigt hat. Die schriftlich niedergelegten oder die später anhand des Bandes geschriebenen Darlegungen müssen von den entscheidenden Teilnehmern autorisiert werden; hierfür bietet sich insbesondere an, dass sie unterschrieben werden.

Die Mängel des Verfahrens sind nicht durch die vom Gericht angeforderten Äußerungen behoben worden. Dabei kann offen bleiben, ob die Kammer den Ausführungen im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.07.07 (NVwZ 2007, 1178) folgt, Grundlage der Auswahlentscheidung könnten allein die in den Akten niedergelegten Auswahlerwägungen sein. Denn die vorgelegten Äußerungen sind jedenfalls nicht geeignet, die Auswahlentscheidung nachträglich hinreichend zu begründen. So ziehen insbesondere Frau ... und Herr ... Gründe mit heran, die außerhalb der Auswahlgespräche liegen. ...
Damit haben die entscheidenden Teilnehmer offensichtlich den gewählten Weg verlassen, nämlich die Auswahlentscheidung anhand der Auswahlgespräche zu treffen. Es sind in die Entscheidung vielmehr außerhalb dieser Auswahlgespräche entstandene Eindrücke und Erfahrungen eingeflossen."

Auch in einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 27.01.12 zu dem Aktenzeichen OVG 6 S 50.11) werden Erwartungen an die Durchführung formuliert:

Wird eine Bewerberauswahl maßgeblich auf die Eindrücke aus einem Auswahlgespräch gestützt, müssen die an die Bewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern zumindest in den Grundzügen nachvollziehbar dokumentiert werden (im Anschluss an OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.08.11 - 5 ME 212/11 -)

Gründe

Die Auswahlentscheidung verletzt den Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch gemäß Art. 33 Abs. 2 GG. Die Beklagte hat das Auswahlverfahren mangels ausreichender Dokumentation der Auswahlgespräche rechtsfehlerhaft durchgeführt.

a) Das Verwaltungsgericht hat zwar unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 09.07.07 - 2 BvR 206/07 -, m. w. N., NVwZ 2007, S. 1178 f.) zutreffend festgestellt, dass das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren nicht so ausgestaltet sein darf, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Da der unterlegene Bewerber im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowohl den Anordnungsgrund als auch den Anordnungsanspruch glaubhaft machen muss, sind die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich zu fixieren, um den Mitbewerber in die Lage zu versetzen, sachgerecht entscheiden zu können, ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen; darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Das Verwaltungsgericht verkennt jedoch die Tragweite und den Umfang der dem Dienstherrn bei Auswahlentscheidungen obliegenden Dokumentationspflicht. Der Antragsteller wendet zu Recht ein, dass der Ablauf der Auswahlgespräche nicht nachvollziehbar sei und deshalb die Punktevergabe nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft werden könne.

Eine wie im vorliegenden Fall maßgeblich auf die Eindrücke in einem Auswahlgespräch gestützte Bewerberauswahl muss ebenso wie eine sonstige Auswahlentscheidung daraufhin überprüft werden können, ob der Dienstherr von zutreffenden Rechtsbegriffen ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe sowie Verwaltungsvorschriften beachtet und keine sachwidrigen Erwägungen angestellt hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichts erfordert dies zwar kein Protokoll, insbesondere kein Wortprotokoll der Gespräche, aber die an die Stellenbewerber gerichteten Fragen bzw. die besprochenen Themen, die Antworten der Bewerber, die Bewertung dieser Antworten durch die Auswahlkommission sowie der persönliche Eindruck von den Bewerbern müssen zumindest in den Grundzügen festgehalten werden. Daran fehlt es. Der Umstand, dass im vorliegenden Verfahren eine Leitungsposition der B-Besoldung besetzt werden soll und die Auswahlgespräche auf hohem fachlichem Niveau sowie durch Teilnehmer mit hoher Fachkompetenz geführt wurden, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin stellt die nach Durchführung der Auswahlgespräche erstellte Ergebnismatrix keine hinreichende Dokumentation der Auswahlgespräche dar. Zum einen ist ihr nicht zu entnehmen, welche Fragen gestellt wurden bzw. über welche Themen ein Fachgespräch geführt wurde und welche Antworten die Bewerber gegeben haben. Zum anderen gibt diese Matrix keinen Aufschluss darüber, wie die Auswahlkommission einzelne Antworten oder Ausführungen der Bewerber bewertet hat, vielmehr werden dort generell Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten der Bewerber und sonstige Eindrücke bewertet. Die dort vergebenen Punkte beziehen sich auch nicht ausschließlich auf die Auswahlgespräche, vielmehr sind Bewertungen aus dem vorangegangenen Assessment-Center und im Falle des Antragstellers aus dessen dienstlicher Beurteilung eingeflossen.

c) Das Schreiben vom 28.02.11 an das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung enthält ebenfalls keine hinlängliche Dokumentation der Auswahlgespräche. Zwar ist ihm zu entnehmen, welche Themenbereiche dort behandelt wurden, nämlich die strategischen Ziele der Forschung im DWD und im Geschäftsbereich „Forschung und Entwicklung“ sowie die Einschätzung der Entwicklung der Forschung des DWD im übergreifenden nationalen und internationalen Kontext. In diesem Zusammenhang wurden Kenntnisse und Erfahrungen der Bewerber in den für den DWD wesentlichen Arbeitsschwerpunkten der Forschung und in der Entwicklung und Durchführung eigener Forschungsprogramme sowie im Umgang mit nationalen und internationalen Gremien und Arbeitsgruppen und ihre Fähigkeit zu vernetztem Denken und der Ableitung wesentlicher Schlussfolgerungen für die weitere Ausrichtung der Forschung geprüft. Die Grundzüge der Ausführungen der Bewerber sowie die Bewertung einzelner Ausführungen durch die Auswahlkommission sind diesem Schreiben jedoch nicht zu entnehmen. Es enthält lediglich unter Berücksichtigung sämtlicher Erkenntnismittel in Anlehnung an die Bewertungsmatrix eine zusammenfassende Bewertung der Eignung der Stellenbewerber.

d) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dieser Mangel der Dokumentation nicht durch die ergänzenden Ausführungen der Antragsgegnerin im Zuge des vorliegenden Verfahrens geheilt. Eine Dokumentation erfordert schon begrifflich, dass die Aufzeichnungen von der Auswahlkommission bzw. einer von der Kommission zum Schriftführer bestellten Person stammen; außerdem muss sichergestellt sein, dass sie in einem so engen zeitlichen Zusammenhang mit den Auswahlgesprächen erstellt wird, dass eine korrekte Wiedergabe der Abläufe gewährleistet ist (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 21.01.05 - OVG 4 S 44.04 -). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ausweislich des Schreibens an das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 28.02.11 hat die Unterzeichnerin der Schriftsätze in diesem Verfahren nicht an den Auswahlgesprächen teilgenommen. Außerdem datiert der erste Schriftsatz der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren auf den 26.06.11, ist mithin erst vier Monate nach Durchführung der Auswahlgespräche erstellt worden. Darüber hinaus ist diesem sowie den weiteren Schriftsätzen auch nicht zu entnehmen, wie die Auswahlgespräche des Antragstellers und der Beigeladenen in den Grundzügen abgelaufen sind; die Antragsgegnerin beschränkt sich vielmehr darauf, die Bewertung einzelner Punkte der Entscheidungsmatrix zu plausibilisieren. Das Gericht wird hierdurch aber nicht in die Lage versetzt, die von den Bewerbern in den Auswahlgesprächen insgesamt erbrachten Leistungen und deren Bewertung durch die Auswahlkommission nachzuvollziehen.

3. Der Antrag des Antragstellers war abzulehnen, soweit er begehrt, der Antragsgegnerin die Stellenbesetzung bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers zu untersagen. Für eine derart weitreichende Anordnung besteht kein Anordnungsgrund. Ein solcher besteht nur, soweit die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sollte die Entscheidung über seinen Widerspruch gegen seine Nichtauswahl - gegebenenfalls nach Durchführung und ausreichender Dokumentation erneuter Auswahlgespräche - erneut zu seinen Lasten ausgehen, ist es dem Antragsteller aber zumutbar, innerhalb einer Frist von zwei Wochen erneut gerichtlichen Rechtsschutz zu beantragen.

Sonstige Verfahrensfehler bei der Durchführung von Gesprächen / Teilnahmeberechtigte

Die Rechtsprechung in Hamburg hat als Verfahrensfehler beanstandet,
- dass der Personalrat an zwei Tagen bei den Auswahlgesprächen nicht durch die selbe Person vertreten war,
- dass die Auswahlgespräche an zwei Tagen mit einem zeitlichen Abstand von sechs bis sieben Wochen durchgeführt wurden.
(Verwaltungsgericht Hamburg, Beschlüsse vom 02.12.07 - 20 E 3359/07 - und vom 26.03.08 - 20 E 4193/07 -)

Hamburgisches Gleichstellungsgesetz - HmbGleiG:

§ 8 Auswahlkommission
Auswahlkommissionen sollen möglichst zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt sein.

§ 21 Rechte
(1) Die Gleichstellungsbeauftragten sind über alle anstehenden personellen, sozialen und organisatorischen Maßnahmen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit betreffen, unverzüglich und umfassend zu unterrichten, ihnen ist die Möglichkeit zur Stellungnahme zu diesen Maßnahmen zu geben. Sie sind berechtigt, an Personalauswahlgesprächen teilzunehmen.

Gesetz zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst (Gleichstellungsgesetz - GstG) Schleswig-Holstein

§ 20 Aufgaben und Rechte der Gleichstellungsbeauftragten in Personalangelegenheiten
(1) Die Gleichstellungsbeauftragte hat bei allen personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten auf die Gleichstellung von Frauen, insbesondere auf Einhaltung dieses Gesetzes, hinzuwirken. Zwischen der Gleichstellungsbeauftragten und den Beschäftigten ist der Dienstweg nicht einzuhalten.
(2) Die Gleichstellungsbeauftragte ist insbesondere bei Stellenausschreibungen, Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen, Kündigungen und Entlassungen sowie vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand, einschließlich vorhergehender Planungen, zu beteiligen. § 19 Abs. 2 gilt entsprechend. Soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, ist der Gleichstellungsbeauftragten auch in Personalakten Einsicht zu gewähren. Die Gleichstellungsbeauftragte ist bei Vorstellungsgesprächen und Auswahlverfahren teilnahmeberechtigt, soweit diese nicht durch ein Gremium geführt werden, dessen Zusammensetzung durch Gesetz geregelt ist. Sie ist stimmberechtigt, wenn eine Personalentscheidung von einem Gremium, dessen Zusammensetzung nicht durch Gesetz geregelt ist, durch Abstimmung getroffen wird.
(3) ...



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