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Beförderung / Konkurrentenschutz / Akteneinsicht


Gegen die Mitteilung vom Ausgang eines Auswahlverfahrens an Sie als den / die unterlegenen Bewerber:in (Negativmitteilung) werden Sie ggf. vorgehen müssen.

Wenn Ihnen die Begründungen nicht ausreichend erscheinen, dann müssen Sie (oder Ihr Anwalt) außerdem das tun, was wir ohnehin für unverzichtbar halten: Sie müssen Akteneinsicht beantragen.
Ein Akteneinsichtsrecht haben Sie als unterlegener / abgelehnter Bewerber, Sie müssen sich insbesondere nicht mit mündlichen Erläuterungen abspeisen lassen.
Das Akteneinsichtsrecht hat der Beamte selbst, es muss nicht unbedingt ein Anwalt eingeschaltet werden.
Aber natürlich ist einem Experten eher geläufig, auf welche Dinge man bei der Akteneinsicht achten sollte.
Lassen Sie sich Fotokopien aushändigen!

Mit der Akteneinsicht allein ist es allerdings nicht getan. Sie dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass Widerspruch oder Klage zu erheben und ein gerichtliches Eilverfahren anzustrengen ist. Dabei ist die Einleitung des Eilverfahrens meistens wesentlich dringlicher (u. U. innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Negativmitteilung) als der Widerspruch (bzw. die Klage) in der Hauptsache.
Wir legen in aller Regel sofort Widerspruch ein, kündigen ein gerichtliches Eilverfahren an und verbinden das mit dem Antrag, umgehend Akteneinsicht zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht Berlin hat ganz innovativ zu dieser Frage einen Beschluss erlassen, der die Dinge auf den Punkt bringt:

Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 19.08.14 - 28 L 124.14

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die Beigeladenen zu Richterinnen bzw. Richtern am Bundesgerichtshof zu ernennen, bevor der Antragstellerin die Möglichkeit der Akteneinsichtnahme in die die Beigeladenen betreffenden, den Mitgliedern des Richterwahlausschusses für die Richter der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgelegten Wahlvorschlagsunterlagen bekanntgeben worden ist und zwei Wochen seit dem ihr mitgeteilten Termin für die Einsichtnahme vergangen sind.

Wir mögen diesen Beschluss. Die Verwaltungsgerichte sind aber teils anderer Auffassung ...

So hat das VG Karlsruhe in einem Beschluss vom 08.12.14 mit dem Aktenzeichen 1 K 3388/14 ausdrücklich eine andere Position eingenommen:
"Es ist zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht geboten, dem unterlegenen Bewerber zur Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs die Möglichkeit zu eröffnen, sein Akteneinsichtsrecht losgelöst von einer Überprüfung der Auswahlentscheidung im Übrigen in einem isolierten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zur vorläufigen Untersagung der Ernennung des Mitbewerbers durchzusetzen.

1. Die gebotene schriftliche Dokumentation der maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Umsetzung der Auswahlentscheidung und der damit einhergehende Anspruch des unterlegenen Bewerbers auf Einsicht in die Besetzungsakten im Rahmen von Stellenbesetzungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.11.12 - 1 WB 4/12 -, BVerwGE 145, 102) erweisen sich als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG.

2. Leitsatz entgegen VG Berlin, Beschluss vom 19.08.14 - 28 L 124.14 -"

Es geht allerdings im Grunde bei dieser Kontroverse in erster Linie um die Frage, ob eine Klage / ein Antrag erfolgreich sein kann, die / der isoliert nur auf Gewährung von Akteneinsicht gerichtet ist. Überwiegend meint man, dass (nur) im Rahmen der Anfechtung der Auswahlentscheidung Akteneinsicht zu gewähren ist.
Vergleichen Sie hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 01.06.15 - 1 A 11/14 -, in: ZBR 2015, 248 f. und jetzt insbesondere den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.09.16 - 2 C 16.15.

Falls die Behörde nicht Akteneinsicht gewährt, ...

sollte das Gericht während des gerichtlichen Eilverfahrens eine Einsichtnahme in die Akten ermöglichen.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in einer Konkurrentensache das erstinstanzliche Gericht gerügt, weil es nicht Akteneinsicht gewährt hatte - Beschluss vom 08.04.10 - 5 ME 277 /09 -:

Es [das Verwaltungsgericht] hat allerdings verfahrensfehlerhaft unterlassen, dem Antragsteller die begehrte Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge zu gewähren. Zur Begründung hat es angeführt, dem Antragsteller habe die Akteneinsicht nicht gewährt werden müssen, da ihm persönlich in einem Gespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter erläutert worden sei, dass und aus welchen Gründen die Beigeladenen vorzuziehen seien. Seinem Bevollmächtigten sei Entsprechendes mitgeteilt worden. Hierdurch habe der Antragsteller über den erforderlichen Informationsstand verfügt, um auch über eine Begrenzung seines vorliegenden Antrages vor Antragstellung entscheiden zu können, zumal Detailfragen durchaus kurzfristig telefonisch hätten geklärt werden können.

Diese Begründung für die Nichtgewährung der Akteneinsicht durch das Verwaltungsgericht vermag nicht zu überzeugen. Denn als Verwaltungsakt unterliegt die Ablehnung der Auswahl eines Beförderungsbewerbers nach der Rechtsprechung des Senats einem Begründungserfordernis. Diesem Begründungserfordernis ist nicht bereits dann genügt, wenn dem abgelehnten Bewerber die Gründe für die Auswahlentscheidung durch mündliche Auskunft oder Einsichtnahme zugänglich gemacht werden. Vielmehr folgt aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG eine Verpflichtung der Antragsgegnerin, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.07.07 - 2 BvR 206/07 -, DÖD 2007, 279 <280 f.>). Die alleinige Möglichkeit, auf Anfrage Auskünfte über den Inhalt dieser Auswahlerwägungen zu erhalten, würde daher schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht genügen. Über die verfassungsrechtlichen Anforderungen hinausgehend ergibt sich zudem einfachgesetzlich aus den §§ 1 Abs. 1 NdsVwVfG, 39 Abs. 1 VwVfG, dass dem erfolglosen Beförderungsbewerber bereits in der Begründung, mit der die Behörde ihren ablehnenden schriftlichen Verwaltungsakt zu versehen hat, diejenigen der wesentlichen Auswahlerwägungen mitzuteilen sind, die dafür maßgeblich waren, dass gerade dem Adressaten des ablehnenden Bescheides der Ausgewählte vorgezogen wurde (vgl. Nds. OVG, Beschlüsse vom 16.05.07 - 5 ME 116/07 - sowie - 5 ME 167/07 -, NVwZ-RR 2007 637 <638>; Beschluss vom 14.01.08 - 5 ME 317/07 -). Mithin hätte das Verwaltungsgericht dem Antragsteller die begehrte Akteneinsicht gewähren müssen, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, sein Rechtsschutzbegehren weiter begründen und gegebenenfalls beschränken zu können.

Nur wenn Sie sehr gut mit der Materie vertraut sind, werden Sie sich bei der Lektüre der Entscheidung des OVG Lüneburg gefragt haben: "Ist es wirklich anerkannt, dass die Ablehnung der Auswahl eines Beförderungsbewerbers einen Verwaltungsakt darstellt?"
Aber lassen wir das einmal dahin stehen, die Frage ist von zweitrangiger Bedeutung.
Unsere Darstellung geht wie folgt weiter:


Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Konkurrentenschutz Konkurrentenschutz A - Z
Bewerbungsverfahrensanspruch
Organisationsentscheidung Organisationshoheit des Dienstherrn Dienst in höherwertiger Funktion wertgleiche Umsetzung Auswahl unter Bewerbern Konkurrenz nach Art. 33 II GG gesundheitliche Eignung Disziplinarverfahren Laufbahnbefähigung Beförderungsverbote Stehzeit im Amt als Voraussetzung Einengung des Bewerberkreises Leistungsprinzip Beurteilung als Grundlage Hochschulrecht / Professur Konkurrenz um Richterstelle § 9 BBG (und AGG) Frauenförderung spezielle Gesetze Beförderungsrichtlinien
Die Handhabung faires Auswahlverfahren Stellenausschreibung Pflicht? Ausschreibung / Kriterien Ausschreibung/ Anforderungsprofil Das weitere Auswahlverfahren Bewerbungsfrist Auswahl- / Vorstellungsgespräch Assessmentcenter Persönlichkeitstest Abbruch des Auswahlverfahrens Mitteilung von Ablehnung
Was tun im Streitfall? Überprüfung ist eilig Inhalt der Akten Umfang der Akteneinsicht Widerspruch und/oder Klage Eilverfahren im Beförderungsstreit Der / die Beigeladene
Weitere Informationen Mehrfachbewerbung des Beamten Bewährungsaufstieg Besondere Testverfahren? Aufstieg nur für Ältere? Aufstieg: Länge der Dienstzeit Schadensersatz rechtswidrige Vergabe der Stelle Bundeslaufbahnverordnung





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