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Beförderung / laufbahnrechtliches Beförderungsverbot
In einer Zeit, in der sich die Auffassung durchsetzt, dass es für viele Regelungen im Beamtenrecht einer gesetzlichen Regelung bedarf, überrascht es ein wenig, dass in Sachsen-Anhalt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung durch einen Kabinettsbeschluss geändert werden kann.
Aber darüber kann man geteilter Auffassung sein.
Als praktizierender Anwalt wird man die Regelung zumindest zur Kenntnis nehmen müssen.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.07.22 -1 M 79/22 -

Zum Beförderungsverbot des § 22 Abs. 2 Nr. 4 LBG LSA (Wartezeit/Stehzeit) - Recht der Landesbeamten -

Leitsatz

1. § 22 Abs. 2 Nr. 4 LBG LSA normiert ein Beförderungsverbot, wenn der Bewerber (noch) nicht über die erforderliche Wartezeit/Stehzeit (hier: zwei Jahre) seit seiner letzten Beförderung verfügt.
2. Dass die Mindestwartezeit des § 22 Abs. 2 Nr. 4 LBG LSA mit Kabinettsbeschluss vom 12. Dezember 1995 prinzipiell auf zwei Jahre verlängert wurde, ist rechtlich nicht zu erinnern (Bestätigung vom OVG LSA, Beschluss vom 11.03.2019 - 1 M 29/19 -).

Auszug aus den Gründen der Entscheidung

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Mit Recht hat das Verwaltungsgericht das Beförderungsbegehren des Antragstellers schon deshalb als unbegründet angesehen und eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches des Antragstellers verneint, weil diesem laufbahnrechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 4 LBG LSA ist eine Beförderung vor Ablauf eines Jahres seit der letzten Beförderung nicht zulässig, es sei denn, dass das derzeitige Amt - anders als im Fall des Antragstellers - nicht regelmäßig durchlaufen zu werden braucht. Im Hinblick auf den sowohl in den Vermerken vom 4. und 15. November 2021 jeweils unter laufender Nr. 2 (Bl. 2 [unten] und 6 [unten] der Beiakte A) als auch von dem Verwaltungsgericht in der Sache in Bezug genommenen und hier einschlägigen Kabinettsbeschluss vom 12. Dezember 1995 (vgl.: LT-Drs. 7/1091 vom 3. Januar 2017, Seite 2, vormals: https://padoka.landtag.sachsen-anhalt.de/starweb/PADOKA/servlet.starweb, nunmehr: https://padoka.landtag.sachsen-anhalt.de/files/drs/wp7/drs/d1091aak.pdf), der die Mindestwartezeit prinzipiell auf zwei Jahre verlängert hat, durfte der Antragsteller weder im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (vgl. hierzu: OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2019 - 1 M 145/18 -, juris [m. w. N.]) am 15. bzw. 17. November 2021 noch zu dem von der Antragsgegnerin in Aussicht genommenen Beförderungstermin am 10. Dezember 2021 befördert werden. Denn infolge seiner - letzten - Beförderung zum Kriminalhauptkommissar der Besoldungsgruppe A 12 LBesO LSA am 18. Dezember 2019 durfte er nicht vor dem 18. Dezember 2021 befördert werden. Entgegen der Annahme der Beschwerde ist der Antragsteller daher schriftlich mit entsprechender Begründung dokumentiert bereits vorab unter dem 4. November 2021, im Übrigen auch hiernach im Auswahlvermerk vom 15. November unter laufender Nr. 2 unter Bezugnahme auf die entsprechende Rechtsprechung des Senates (OVG LSA, Beschluss vom 11. März 2019 - 1 M 29/19 - juris) und dem dort in den Blick genommenen o. g. Kabinettsbeschluss „von der Auswahlentscheidung ausgenommen“ worden. Der Kabinettsbeschluss und die entsprechende Verwaltungspraxis ist hiernach nicht nur gerichts-, sondern zudem allgemeinbekannt.
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Die in § 22 Abs. 2 Nr. 4 LBG LSA geregelte Frist, an die das Beförderungsverbot knüpft, stellt im Übrigen lediglich eine Mindestfrist dar, die durch Rechtsvorschriften oder Verwaltungsanordnung konkretisiert, d. h. auch heraufgesetzt werden kann. Der Wortlaut der Norm („Vor Ablauf …“) steht dem nicht entgegen; Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für dieses Verständnis. Durch die Beförderungswartezeit soll dem Beamten Gelegenheit gegeben werden, ein gewisses Mindestmaß an Erfahrungen in einem niedrigeren Amt zu sammeln, um den Aufgaben des Beförderungsamtes gewachsen zu sein. Die Mindestwartezeit dient zusammen mit der Vorschrift über das regelmäßige Durchlaufen der Ämter (§ 22 Abs. 3 LBG LSA; Verbot der Sprungbeförderung) dem sachgerechten Ziel einer kontinuierlichen Entfaltung der Befähigung sowie der Objektivierung der Bewährung und damit dem Leistungsprinzip. Dazu ist grundsätzlich - auch im Interesse der Gleichbehandlung - eine Mindestbewährungszeit zu absolvieren. Danach können Wartezeiten zu dem Zweck bestimmt werden, vor einer (weiteren) Beförderung zunächst festzustellen, ob sich der Beamte in seinem bisherigen Statusamt hinreichend bewährt hat. Denn die Anforderungen des Beförderungsamtes sind typischerweise höher als diejenigen des aktuell innegehabten Amtes (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 11. März 2019 - 1 M 29/19 - juris Rn. 10 f. [m. w. N.]); für das Vorliegen abweichender Besonderheiten ist hier weder etwas dargetan noch sonst ersichtlich.
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Die Wartezeit von zwei Jahren, die der Dienstherr dem Antragsteller nach dem vorbezeichneten Kabinettsbeschluss vom 12. Dezember 1995 für eine Beförderung generell voraussetzt, ist auch verfassungsrechtlich, insbesondere im Hinblick auf den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG, nicht zu beanstanden. Eine Beförderungspraxis oder Regelungen über das Beförderungsverfahren, die Beförderungsaussichten von einem Mindestdienstalter abhängig machen, stehen mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Leistungsgrundsatzes zu dienen bestimmt sind. Die Wartezeit, die mit dem Erfordernis des Mindestdienstalters zwangsläufig verbunden ist, muss geeignet und erforderlich sein, um eine zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen. Dieser Zweck als „Bewährungszeit" setzt dem Umfang von Wartezeiten Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der Ämter der jeweiligen Laufbahn ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen. Eine Mindestdienstzeit von vorliegend zwei Jahren liegt innerhalb des dreijährigen Regelbeurteilungszeitraums nach den hier einschlägigen Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin, die die maßgebliche Grundlage für die Feststellung der Leistung und für einen Leistungsvergleich bilden. Diese Mindestdienstzeit ist mithin mit dem Leistungsprinzip vereinbar, da dieser Zeitraum sowohl geeignet als auch erforderlich ist, um eine zuverlässige Prognose über die voraussichtliche Bewährung im zuletzt erreichten Beförderungsamt abzugeben (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 11. März 2019 - 1 M 29/19 - juris Rn. 12 f. [m. w. N.]).
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Ist der Antragsteller mithin mangels Erfüllung der laufbahnrechtlichen Beförderungsvoraussetzungen des § 22 Abs. 2 Nr. 4 LBG LSA auf der ersten Stufe des zweistufigen Auswahlverfahrens in rechtlich nicht zu erinnernder Weise seitens der Antragsgegnerin aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschieden worden, kommt es auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr entscheidungserheblich an.
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