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Keine Einstellung in Polizeidienst wegen zu geringer Körpergröße

Das Verwaltungsgericht Schleswig gewährte einer Bewerberin Schadensersatz, weil sie wegen zu geringer Körpergröße nicht in den Dienst der Polizei genommen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof Hessen vertritt in seinem Beschluss vom 25.08.16 - 1 B 976/16 - eine gegenteilige Auffassung.
Ebenso das Verwaltungsgericht Berlin in einem Urteil vom 01.06.17:


Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 01.06.17 -5 K 219.16 -

Tatbestand
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Die Klägerin, die eine Körpergröße von 154 cm aufweist, bewarb sich im Juli 2016 um die Einstellung in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei zum Einstellungstermin April 2017. Mit Bescheid vom 20.07.16 lehnte der Polizeipräsident in Berlin die Bewerbung mit der Begründung ab, die Klägerin unterschreite die für die Laufbahn vorgeschriebene Mindestgröße.
Nach den Vorgaben des Beklagten für eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst müssen Bewerberinnen mindestens 160 cm und Bewerber mindestens 165 cm groß sein.
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Gegen den Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt (5 L 218.16), den das Gericht mit Beschluss vom 9.12.16 mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abgelehnt hat; zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die vom Beklagten vorgesehene Mindestkörpergröße von 160 cm für Polizeivollzugsbeamtinnen sei zur Bewältigung polizeilicher Aufgaben und angesichts der Notwendigkeit, sich in körperlichen Auseinandersetzungen und bei der Anwendung körperlichen Zwangs durch die erfolgreiche Anwendung von Halte- und Hebeltechniken durchsetzen zu können, gerechtfertigt. Die Beschwerde der Klägerin gegen diesen Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 27.01.17 (4 S 48.16) zurückgewiesen.
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Die Klägerin macht geltend, sie wegen ihrer Körpergröße auszuschließen stelle einen Eingriff in ihr Recht aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes dar, für den es an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Es gehe um ihre gesundheitliche Eignung, für deren Feststellung dem Beklagten kein Beurteilungsspielraum zustehe. Die „ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit – PDV 300“ rechtfertige allein einen Ausschluss wegen krankhaften Kleinwuchses, der erst bei einer Körpergröße unter 150 cm vorliege, bei Frauen teilweise sogar erst ab einer Körpergröße unter 140 cm angenommen werde. Der Beklagte habe nicht dokumentiert und dargelegt, dass Polizeibeamtinnen mit einer Größe von 154 cm Halte- und Hebeltechniken nicht in gleicher Weise effektiv anwenden könnten wie solche, die 160 cm groß seien. Dem Gericht sei es verwehrt, auf physikalische Gesetzmäßigkeiten abzustellen, da ihm insoweit der erforderliche Sachverstand fehle. Die Argumentation mit Halte- und Hebeltechniken sei auch nicht schlüssig, da der Beklagte von Männern eine Mindestgröße von 165 cm fordere. Seine Anforderungen stellten im Übrigen eine mittelbare Diskriminierung von Frauen dar. Weiter nimmt die Klägerin Bezug auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (Urteil vom 14.03.16 – 1 K 3788/14 – juris) und des Verwaltungsgerichts Schleswig (Urteil vom 26.03.15 – 12 A 120/14 – juris).

Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Sie ist zwar als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig. Die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage ist, nachdem der Einstellungstermin 3.04.17, für den die Klägerin sich beworben hatte, verstrichen war, unzulässig geworden. Werden Stellen für Beamte – wie hier – zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt, so erlischt der materielle Einstellungsanspruch mit dem Verstreichen des Einstellungszeitpunktes und der Besetzung der Stellen durch andere Bewerber (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2010 – 2 C 22.09 – juris Rn. 19). Mit der Erledigung des ursprünglichen Einstellungsbegehrens durch Verstreichen des Einstellungstermins ist nur noch eine Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.09 – 2 C 31/08 – juris Rn. 12).
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Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich aus einer Wiederholungsgefahr. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung dargetan, dass sie weiterhin an einer Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst interessiert ist. Sie würde aber bei einer erneuten Bewerbung mit der gleichen Begründung wie im Bescheid vom 20.07.16 abgelehnt werden. Darauf, zu jedem Einstellungstermin erneut einen Einstellungsantrag zu stellen und nach dessen Ablehnung das Gericht mit einer Verpflichtungsklage anzurufen, muss sie sich nicht verweisen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.09, a.a.O., Rn. 12).
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Die Klage ist aber unbegründet.
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Die Ablehnung der Einstellung der Klägerin in den gehobenen Dienst der Kriminalpolizei durch den Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 20.07.16 war rechtmäßig und verletzte sie nicht in ihren Rechten. Zum Zeitpunkt der Erledigung – dem Verstreichen des Einstellungstermins am 3.04.17 – stand ihr ein Anspruch auf Einstellung oder zumindest Neubescheidung ihrer Bewerbung nicht zu.
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Weder Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes – GG –, nach dem jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, noch die zu seiner Konkretisierung ergangenen beamtenrechtlichen Vorschriften gewähren einen Anspruch auf Begründung eines Beamtenverhältnisses. Die Ernennung eines Bewerbers zum Beamten auf Widerruf (vgl. § 6 Satz 1 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten des Polizeivollzugsdienstes – Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Gewerbeaußendienst – [Pol-LVO]) steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, der innerhalb des ihm durch die verfassungsrechtlichen beamtenrechtlichen Vorschriften gesetzten Rahmens sowohl den Bedarf an Beamten als auch die aus seiner Sicht maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG bestimmen kann.
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Das Zugangskriterium der Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst die gesamte Persönlichkeit des Bewerbers; bei der geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in körperlicher Hinsicht entspricht, was nicht allein die gesundheitliche Eignung meint (vgl. § 5 Nr. 4 Pol-LVO; vgl. insoweit auch BVerfG, Beschluss vom 21.04.15 – 2 BvR 1322/12 u.a. – juris Rn. 59, 68, 76; Hessischer VGH, Beschluss vom 25.08.16 – 1 B 976/16 – juris Rn. 19). Entscheidend für die Beurteilung der körperlichen Eignung sind die Anforderungen der jeweiligen Laufbahn, die der Dienstherr bestimmt. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat; die vom Dienstherrn getroffenen Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuellen körperlichen Fähigkeiten der Bewerber zu messen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 25.07.13 – 2 C 12.11 und 2 C 18.12 – juris Rn. 12; Urteil vom 30.10.13 – 2 C 16.12 – juris Rn. 18).
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Die vom Beklagten geforderte Mindestkörpergröße zielt auf die körperliche Eignung des Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst ab (vgl. auch Hessischer VGH, a.a.O., Rn. 19; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14.03.15 – 1 K 3788/14 – juris Rn. 45 f.). Sie betrifft die physischen Fähigkeiten des Beamten und sein körperliches Erscheinungsbild. Der Beklagte geht davon aus, dass die Erfüllung vollzugspolizeilicher Aufgaben eine gewisse Körpergröße der Beamtinnen und Beamten erfordert, um in körperlichen Auseinandersetzungen bestehen und nach außen körperliche Kraft und Durchsetzungsfähigkeit vermitteln zu können.
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Als körperliches Eignungskriterium im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG ist es damit Sache des Beklagten als mit einem weiten Beurteilungsspielraum ausgestatteten Dienstherrn, die Anforderungen an eine Mindestgrößen auszugestalten und Vorgaben zu machen. Anders als bei Einstellungshöchstaltersgrenzen, die in der Regel ältere Bewerber ohne Rücksicht auf Eignung, fachliche Leistung und Befähigung von der Verbeamtung ausschließen und deshalb – soweit das Alter nicht (wie gerade beim Militär- oder Polizeidienst) ausnahmsweise als Indikator für die Tauglichkeit des Beamten zu amtsangemessenen, funktionsgerechten Leistungen dient – einen Eingriff in Art. 33 Abs. 2 GG darstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.04.15, a.a.O., Rn. 68, 76 f.), bedarf die Festlegung einer Mindestgröße keiner gesetzlichen Grundlage.
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Die Vorgaben an die Mindestgröße sind vom Beklagten getroffen worden durch den Erlass vom 26.03.13 über die Einführung der PDV 300 – Ausgabe 2012 – „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“, nach deren Anlage 1, Nr. 1.3., sich die Beurteilung der Körperlänge der Bewerber nach den vom Dienstherrn erlassenen Bestimmungen richtet, und das Anforderungsprofil „Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst (gPVD)“ (vgl. dazu § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten [Laufbahngesetz – LfbG]), wonach Bewerberinnen für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mindestens 160 cm groß sein müssen. Hiermit hat der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums die körperlichen Anforderungen für die Laufbahnbewerberinnen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise inhaltlich konkretisiert. Anders als die Klägerin meint, hat er sich durch die Einführung der PDV 300, die in der Anlage 1 unter der Nummer 1.3.1 als ein die Polizeidiensttauglichkeit ausschließendes Merkmal „Kleinwuchs“ benennt, nicht darauf festgelegt, dass nur das krankhaft verminderte Längenwachstum, also bei Frauen einen Körpergröße unter 140 cm (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage) bzw. 150 cm (wikipedia), einen Ausschlussgrund begründet. Das Merkmal „Kleinwuchs“ steht selbständig neben der Vorgabe in Nr. 1.3., wonach der Dienstherr die Bestimmungen für die erforderliche Körperlänge der Bewerber erlässt; der krankhafte Kleinwuchs stellt ohne Weiteres einen absoluten Ausschlussgrund dar, während sich außerhalb dieses Krankheitsbildes der Dienstherr zu den erforderlichen Mindestgrößen verhält (vgl. hierzu auch Hessischer VGH, a.a.O., Rn 12; Masuch, ZBR 2017, 81 <86>).
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Die Festlegung der Mindestgröße auf 160 cm erweist sich auch als sachgerecht und beurteilungsfehlerfrei.
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Der Beklagte verweist insoweit zum einen auf die (individuelle) Durchsetzungsfähigkeit von Polizeibeamten in körperlichen Auseinandersetzungen. Nach der von ihm für maßgeblich erklärten PDV 300, Ziffer 1.2., müssen – ohne weiteres einleuchtend – die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Bewerber für den Polizeivollzugsdienst insbesondere den körperlichen Einsatz gegen Personen und die Anwendung unmittelbaren Zwangs zulassen. Dass für die Durchsetzungsfähigkeit bei körperlichen Auseinandersetzungen und für die Anwendung unmittelbaren Zwangs neben erlernbaren Kenntnissen der Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gewisse körperliche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um diese erfolgreich gegenüber Personen anwenden zu können, ist offenkundig. Es ist auch offenkundig, dass die erfolgreiche Anwendung von Halte- und Hebeltechniken, durch die eine Person zu Fall gebracht oder fixiert werden soll, bei ansonsten gleich guter technischer Beherrschung schwieriger ist, wenn die derartige Techniken anwendende Person erheblich kleiner ist als ihr Gegenüber. Das ergibt sich aufgrund von nach allgemeiner Lebenserfahrung in ihrer Wirkungsweise bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten und ist für jedermann ohne weiteres erkennbar. Eines besonderen Nachweises der nachteiligen Auswirkung einer nicht unerheblich geringeren Körpergröße für die effektive Anwendung von Halte- und Hebeltechniken bei der Überwältigung einer körperlich größeren Person bedarf es deshalb nicht.
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Auch die Festlegung der Mindestgröße auf 160 cm erweist sich angesichts der statistischen Körpergröße von Männern und Frauen, die deutlich über dieser Mindestgröße liegt, als sachgerecht. Nach dem Ergebnis des Mikrozensus 2013 ... beträgt die durchschnittliche Körpergröße von 18- bis 50-jährigen Männern zwischen 180 cm und 181 cm und die von 18- bis 50-jährigen Frauen zwischen 167 cm und 168 cm. Aus der Statistik des Sozio-Ökonomischen Panels zur Größe der Zwanzigjährigen in Deutschland ergibt sich, dass 99,5 % bzw. 88,2 % der männlichen und 83,7 % bzw. 64,6 % der weiblichen Zwanzigjährigen 160 cm und größer bzw. 170 cm und größer sind (vgl. zu allem Hessischer VGH, a.a.O., Rn. 20 ff.).
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Mit Blick darauf, dass sich die statistische Körpergrößenverteilung ohne weiteres aus allgemein zugänglichen Quellen erschließt und die negativen Auswirkungen einer deutlich geringeren Körpergröße bei der Anwendung von Halte- und Hebeltechniken gegen körperlich größere Personen aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten offenkundig ist, kann dem Beklagten nicht vorgehalten werden, es fehle, wie das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in seinem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil vom 14.03.16 (– 1 K 3788/14 – juris Rn. 59 ff.) rügt, an einem hinreichend fundierten und nachvollziehbaren Verfahren zur Ermittlung der Mindestgröße (vgl. Hessischer VGH, a.a.O., Rn. 27). Angesichts der Offenkundigkeit bedarf es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht.
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Im Übrigen unterscheidet sich der vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschiedene Fall vom vorliegenden, weil es dort um die Rechtmäßigkeit einer für Männer geltenden Mindestgröße von 168 cm ging. Gleiches gilt für den von der Klägerin ebenfalls in Bezug genommenen, vom Verwaltungsgericht Schleswig mit Urteil vom 26.03.15 – 12 A 120/14 – (ebenfalls veröffentlicht bei juris) entschiedenen Fall, in welchem von weiblichen Bewerbern eine Mindestgröße von 163 cm gefordert wurde.
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Vorliegend unterschreitet die Klägerin hingegen die vom Beklagten rechtmäßig geforderten 160 cm sogar um 6 cm. Angesichts der obigen Ausführung liegen die negativen Auswirkungen ihrer Körpergröße bei körperlichen Auseinandersetzungen und der Anwendung unmittelbaren Zwangs auf der Hand. Ob dies bei der für Männer in Berlin geltenden Mindestgröße von 165 cm ebenso der Fall ist, ist für die Frage der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der Klägerin ohne Belang.
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Der Beklagte verweist hinsichtlich der Festlegung der Mindestgröße zum anderen auf das „Vorfeld“ körperlicher Auseinandersetzungen und den äußeren Eindruck der Polizeibeamten; unterhalb einer Körpergröße von 160 cm böten Polizeibeamtinnen nicht mehr ein Erscheinungsbild, das ihre körperliche Kraft und Durchsetzungsfähigkeit widerspiegele. Auch hiergegen ist mit Blick auf die mit dem Polizeivollzugsdienst einhergehende Bewältigung von Konfliktsituationen und Konfrontation mit Aggressoren nichts zu erinnern (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.07.11 – 4 S 15.11 – und VG Berlin, Beschluss vom 11.03.11 – 36 L 65.11 –). Angesichts der dargestellten statistischen Körpergrößenverteilung erschließt sich ohne Weiteres, dass Polizistinnen unter 160 cm „auffallen“ und wegen der beschriebenen offensichtlichen Nachteile, die mit einer geringen Körpergröße in einer körperlichen Auseinandersetzung verbunden sind, als „schwache Stelle“ und unterlegen wahrgenommen werden. Es drängt sich daher auf, dass sie damit auch eher und bevorzugt Ziel von Widerstandshandlungen und aggressivem Verhalten wären. Für die Klägerin mit einer Körpergröße von nur 154 cm gilt dies in besonderem Maße.
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Mit der starren Mindestgrößenvorgabe für Frauen von 160 cm und dem Ausschluss kleinerer Frauen vom öffentlichen Amt einer Polizeivollzugsbeamtin, insbesondere dem Ausschluss der Klägerin, die die geforderte Körpergröße um 6 cm unterschreitet, verletzt der Beklagte auch nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Ausschluss ist geeignet, die effektive Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben sicherzustellen; ein milderes, in gleicher Weise effektives Mittel ist nicht erkennbar. Die Maßnahme erweist sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne: Im Rahmen der widerstreitenden Interessen kommt einer möglichst störungsfreien Bewältigung polizeilicher Aufgaben, bei der es um die Abwehr von Gefahren für unter Umständen hochrangige Rechtsgüter wie Leib und Leben geht, eine höhere Bedeutung zu, als dem Interesse der Klägerin am Zugang zum Polizeivollzugsdienst.
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Ohne Belang ist, dass im Land Bremen und für die Bundespolizei keine Vorgaben für eine Mindestkörpergröße der Bewerberinnen und Bewerber existieren. Maßgeblich ist allein, ob der Beklagte den ihm eröffneten Beurteilungsspielraum verletzt hat, was, wie dargestellt, zu verneinen ist. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass die in Berlin festgelegte Mindestgröße im Vergleich zu den Bundesländern, die eine solche ebenfalls geregelt haben, und den Vorgaben für eine Einstellung beim Bundeskriminalamt an der untersten Grenze liegt (vgl. die Übersicht bei Masuch, a.a.O., S. 82, im Übrigen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.07.11, a.a.O., BA S. 4).
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Soweit die Klägerin auf eine mittelbare Ungleichbehandlung und faktische Benachteiligung von Frauen verweist, ist dies wegen des vom Beklagten verfolgten Ziels der ordnungsgemäßen Erfüllung polizeilicher Aufgaben und des Vorliegens sachlicher Gründe – die effektive Ausführbarkeit körperlicher Fixierungs- und Festnahmetechniken und die Vermittlung polizeilicher Durchsetzungsfähigkeit –, die nichts mit geschlechtsbezogener Benachteiligung zu tun haben, mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 GG, § 2 Abs. 2 des Landesgleichstellungsgesetz – LGG –, §§ 24, 1 und 2 des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG – vereinbar (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar, a.a.O., S. 7; Hessischer VGH, a.a.O., Rn. 26). Dass mit einer starren Mindestgrößenvorgabe gewisse Härten einhergehen, ist ebenso wie bei der Regelung bestimmter Lebenssachverhalte durch Stichtage (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10.10.15 – 2 C 46/13 – juris Rn. 12) hinzunehmen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.17 – 4 S 48.16 – UA S. 6). Zudem bewegt sich die Klägerin mit einer Körpergröße von 154 cm nicht im Grenzbereich der starren Größenvorgabe, sondern unterschreitet diese beträchtlich.
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Durfte nach all dem der Beklagte zu Recht die Klägerin als für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ungeeignet halten, durfte er auch ihre Bewerbung ablehnen.
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