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Unfallausgleich nach § 35 Beamtenversorgungsgesetz (Bund)

Anspruch des Beamten auf Zahlung von Unfallausgleich wegen eines Dienstunfalles

Das Dienstunfallrecht regelt nicht nur die Vorausetzungen der Anerkennung eines Dienstunfalls, sondern es gibt auch vor, welche Leistungen der verunfallte Beamte beanspruchen kann.
Oft übersehen wird der Anspruch auf Zahlung eines Unfallausgleichs:
Ist ein Beamter aufgrund eines Dienstunfalls länger als sechs Monate in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens 25% gemindert, so erhält er (vom Tage des Dienstunfalls an für die Zeit der Minderung der Erwerbsfähigkeit) eine monatliche Unfallausgleichszahlung.
Die Dienstunfallausgleichszahlung beläuft sich zur Zeit mindestens auf etwa EUR 156,00 im Monat.

Die verschiedenen Gesetze (Bund / Länder) benutzen teils den Begriff der "Minderung der Erwerbsfähigkeit", teils den Begriff "Grad der Schädigungsfolgen".

Diese Zahlung sollte von dem Beamten schriftlich beantragt werden.
Fragen Sie nach einem Unfall mit längeren Krankschreibungen und Behandlungen Ihren behandelnden Arzt, ob eine Minderung der Erwerbsfähigkeit gegeben ist und ob er deren Höhe schätzen kann.
Sie wissen sicher, dass jeder Dienstunfall innerhalb bestimmter Fristen zu melden ist. Beantragen Sie auch den Unfallausgleich ausdrücklich und verhindern Sie, dass sie Ansprüche verjähren!

Gesetzliche Vorschriften: Unfallausgleich nach Bundes- und Landesgesetzen

§ 35 Beamtenversorgungsgesetz (Bund): Unfallausgleich.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 des Bundesversorgungsgesetzes gewährt.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden. Für äußere Körperschäden können Mindestvomhundertsätze festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.


§ 39 Beamtenversorgungsgesetz Hamburg: Unfallausgleich

(1) Liegt infolge des Dienstunfalles ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 länger als sechs
Monate vor, so erhält die oder der Verletzte, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den
Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich.
Dieser beträgt bei einem Grad der Schädigungsfolgen
von
30      171 Euro,
40      233 Euro,
50      346 Euro,
60      431 Euro,
70      592 Euro,
80      706 Euro,
90      849 Euro,
100     944 Euro.
Wird der Grad der Schädigungsfolgen bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich
in Höhe desjenigen Grades der Schädigungsfolgen zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.


► § 39 Landesbeamtenversorgungsgesetz Hamburg mit Definition "Grad der Schädigungsfolgen" in Absatz 2

Unfallausgleich als laufende monatliche Zahlung

Die Höhe des Unfallausgleichs orientiert sich an der Höhe des Grades der Schädigungsfolgen (bzw. der Minderung der Erwerbsfähigkeit), der mindestens 25 % betragen muss.
Ähnlich wie Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werden die Begriffe "Grad der Behinderung" (GdB) bzw. Grad der Schädigungsfolgen (GdS) verwandt.
 
Wer sich näher darüber informieren möchte, welcher Grad der Schädigungsfolgen für einzelne gesundheitliche Beeinträchtigunen angesetzt wird, sollte im Internet nach der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) suchen.
Beispiel für die Bemessung der MdE (Urteil OVG Berlin-Brandenburg vom 19.01.11)


Die Höhe des monatlichen Unfallausgleichs orientiert sich an der Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz.
Sie betrug ab 01.04.2021, Zahlen nicht mehr ganz aktuell:
GdB 30:   EUR 156,00
GdB 40:   EUR 212,00
GdB 50:   EUR 283,00
GdB 60:   EUR 360,00
GdB 70:   EUR 499,00
GdB 80:   EUR 603,00
GdB 90:   EUR 724,00
GdB 100:  EUR 811,00
...

§ 31 Bundesversorgungsgesetz enthält zusätzlich u.a. die folgende Regelung:
"Die Grundrente erhöht sich für Schwerbeschädigte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 und 60 um 32 Euro, von 70 und 80 um 39 Euro, von mindestens 90 um 48 Euro."

Der Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG Bund bzw. entsprechendes Landesrecht) ist für den pensionierten Beamten kein Ruhegehalt. Dementsprechend sind diese Leistungen steuerfrei (BFH vom 15.05.1992 – VI R 19/90 - und vom 16.01.1998 – VI R 5/96 -).

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs zur Erläuterung

Der Bundesgerichtshof hat den Unfallausgleich wie folgt rechtlich bewertet (in einem Urteil vom 17.11.09 in einer Zivilsache - VI ZR 58/08):

Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Bundesverwaltungsgerichts bezweckt der pauschal gewährte Unfallausgleich nicht den Ausgleich möglicher Erwerbsschäden, sondern dient der Deckung vermehrter Bedürfnisse. Er stellt sich als pauschalierter Ersatz echter Mehraufwendungen dar, die durch die wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit des unfallgeschädigten Beamten erfahrungsgemäß eintreten (vgl. Senatsurteile vom 23.02.1965 - VI ZR 30/64 - VersR 1965, 563, 564 unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; vom 13.01.1970 - VI ZR 124/68 - VersR 1970, 1034; vom 19.05.1981 - VI ZR 108/79 - VersR 1982, 238; ebenso KG Urteil vom 21.11.1991 - 12 U 5939/90 - NVZ 1992, 236, 237; BVerwGE 15, 51, 53; 25, 46, 49; so auch Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 9. Aufl., Rn. 734 Fn. 52; Greger, Haftungsrecht im Straßenverkehr, 4. Aufl., § 34 Rn. 30; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kapitel 30 Rn. 162; Battis, Bundesbeamtengesetz, 3. Aufl., § 87a Rn. 8; a.A. Kümmel, Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, Stand August 2008, § 35 Rn. 10). Soweit § 35 BeamtVG auf eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abstellt, handelt es sich nur um die Voraussetzung, an die das Gesetz die Gewährung des Unfallausgleichs und seine Bemessung anknüpft, nicht hingegen um eine Zweckbestimmung der Versorgungsleistung (vgl. Senatsurteile vom 23.02.1965 - VI ZR 30/64 - aaO).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
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