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Die Kausalität im Dienstunfallrecht


In dem nachstehenden Fall geht es um typische Fragen der Kausalität.
Ist die Dienstunfähigkeit, die zur vorzeitigen Pensionierung geführt hat, durch den Dienstunfall verursacht?

Dabei spricht das Gericht Fragen an, die sich immer wieder stellen, unter anderem weil die Handhabung des Dienstunfallrechts durch die Behörden, teils aber auch von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter, unterschiedlich sein kann.
In Hamburg enthalten die Zurruhesetzungsverfügen des Senats (für Landesbeamte) zum Beispiel in aller Regel keine ausdrückliche Angabe der Gründe für die vorzeitige Pensionierung, insbesondere keine konkrete Bewertung von Dienstunfallfolgen usw.
Auch die meist erst später ergehenden Bescheide über die Festsetzung der Höhe der Ruhestandsbezüge enthalten kaum jemals konkrete Stellungnahmen zu Fragen des Dienstunfallrechts.

Natürlich stellt sich die Frage, ob die Sach- und Rechtslage zuvor in der Dienstunfallverhandlung, also dem auf Anerkennung eines Dienstunfalls und Feststellung seiner gesundheitlichen Folgen gerichten Verfahren, verbindlich festgestellt wurde.
Aber auch in jenen Verfahren gibt es sehr unterschiedliche behördliche Vorgehensweisen - und außerdem sind jene Verfahren oft noch nicht bestandskräftig abgeschlossen, wenn die Pensionierung erfolgt.

Der VGH Baden-Württemberg spricht in seiner Entscheidung viele relevante Fragen an.
So ist die Entscheidung zwar sehr lang geraten und teils ein wenig dröge - aber lehrreich.


Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg, Beschluss vom 11.11.19 - 4 S 2803/18 -

Leitsatz
Welche Regelungen der Dienstherr im Rahmen eines Zurruhesetzungsbescheids wegen Dienstunfähigkeit getroffen hat, richtet sich in erster Linie nach dem Tenor des Bescheids.
Auch wenn der Dienstherr in den Gründen des Bescheids allein und einschränkungslos auf das im Rahmen des Zur­ruhesetzungs­verfahrens eingeholte amtsärztliche Gutachten verweist, trifft er damit in aller Regel keine der Bestandskraft fähige Regelung hinsichtlich der für den Eintritt der Dienstunfähigkeit kausalen Gesundheitsschäden bzw. deren Beruhen auf einem Dienstunfall.
Dessen ungeachtet ist der Dienstherr bereits aus Vertrauensschutzgesichtspunkten grundsätzlich daran gehindert, sich im Nachhinein von amtsärztlichen Feststellungen zu den für den Eintritt der Dienstunfähigkeit kausalen Gesundheitsschäden, auf deren Grundlage er den Beamten wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt hat, zum Nachteil des Beamten zu lösen.
Macht der Beamte jedoch erstmals im Rahmen der Festsetzung der Versorgungsbezüge geltend, die amtsärztlichen Feststellungen, die zu seiner Zurruhesetzung geführt haben, seien unzutreffend oder unvollständig, muss er nicht nur nachträglich den Beweiswert der amtsärztlichen Stellungnahme entkräften, sondern zudem vollen Beweis hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen bestimmten, im amtsärztlichen Gutachten nicht genannten oder als Ursache für seine Dienstunfähigkeit explizit ausgeschlossenen Körperschäden und seiner Dienstunfähigkeit erbringen.
Die Anerkennung bestimmter Dienstunfallfolgen gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG hat keinen abschließenden Charakter. Wurde die Anerkennung bestimmter Gesundheitsschäden als Dienstunfallfolge allerdings bestandskräftig abgelehnt, besteht kein Raum für die Annahme, diese seien dennoch kausal durch den Dienstunfall verursacht.

Verfahrensgang vorgehend VG Stuttgart, 10.10.18, Az: 1 K 12884/17, Beschluss

Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10.10.18 - 1 K 12884/17 - wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird ... auf 24.397,56 EUR festgesetzt.

Gründe
A.
1 Der 1970 geborene Kläger war Beamter bei der Bundespolizei im Polizeivollzugsdienst. Er erlitt am 08.11.05 beim Betriebssport einen Unfall, der in der Folge als Dienstunfall mit den Dienstunfallfolgen Distorsion des linken oberen Sprunggelenks und posttraumatische Arthrofibrose des linken oberen Sprunggelenks bei Zustand nach Außenband- und Kapselruptur anerkannt wurde (Bescheide vom 10.05.06 und 17.02.10). Der Kläger war seit seinem Unfall ganz überwiegend krankgeschrieben; Wiedereingliederungsversuche mussten abgebrochen werden.
[Hier sind zwei im Rahmen der Dienstunfallverhandlung ergangene Bescheide genannt. Das Gericht wird auf ihre rechtliche Bedeutung später noch eingehen.]
2 Laut sozial­medizinischem Gutachten vom 11.08.10 war der Kläger infolge des Dienstunfalls nicht uneingeschränkt geeignet für den Polizeivollzugsdienst, dagegen weiterhin geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Der Kläger wandte sich gegen einen entsprechenden Bescheid der Beklagten und trug vor, er sei auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst nicht mehr geeignet.
[Hier wird ein Streit zwischen Dienstherrn und Beamten über die Frage erwähnt, ob der Beamte nur polizeivollzugsdienstuntauglich sei oder dienstunfähig auch in der allgemeinen Verwaltung. Der Beamte legt einen Bericht einer Psychotherapeutin vor:]
Zur Begründung legte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 26.06.12 (6 K 4023/11) einen Verlaufsbericht seiner behandelnden Psychotherapeutin L. vom 19.06.12 vor, wonach der Kläger an einer mittelgradig schweren Depression sowie einer Posttraumatischen Belastungsstörung leide, die ihre Ursache in den enttäuschten Hoffnungen hinsichtlich seiner beruflichen Entwicklung seit dem Dienstunfall hätten. Konfrontiert mit diesem Bericht, erklärte der Beklagtenvertreter noch in der mündlichen Verhandlung, der Kläger sei auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst nicht geeignet; es werde ein Zur­ruhesetzungs­verfahren eingeleitet.
3 Der sozial­medizinische Dienst gab im Rahmen des Zur­ruhesetzungs­verfahrens unter dem 20.07.12 eine sozial­medizinische Stellungnahme ab. Der Kläger sei, wie bereits im sozial­medizinischen Gutachten vom 11.08.10 ausgeführt, für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr uneingeschränkt gesundheitlich geeignet. Aufgrund des vorgelegten Verlaufsberichts der Psychotherapeutin L. vom 19.06.12 sei nachzuvollziehen, dass der Beamte auch nicht mehr für den allgemeinen Verwaltungsdienst geeignet sei. Die Stellungnahme schloss mit dem Satz: „Die zur Dienstunfähigkeit im Verwaltungsdienst führenden Leiden sind nicht Folge eines anerkannten Dienstunfalls oder einer Dienstbeschädigung“.
[Damit ist nun die Frage gestellt, ob andere Ursachen für die Pensionierung gegeben sind als die Folgen des Dienstunfalles.]
4 Mit Verfügung der Bundespolizei­direktion S. vom 04.10.12 wurde der Kläger zu seiner beabsichtigten Zurruhesetzung angehört; zur Begründung wurde auf die dem Schreiben beigefügte sozial­medizinische Stellungnahme vom 20.07.12 verwiesen. Der Kläger gab keine Äußerung ab.
[Dann ergeht - s. RN 5 - der Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand. Der Bescheid äußert sich offensichtlich nicht konkret zu der Frage, ob und in wie weit Dienstunfallfolgen ursächlich für die Zurruhesetzung sind.]
5 Mit bestandskräftigem Bescheid vom 07.01.13 erließ die Bundespolizei­direktion S. eine Zurruhesetzungsverfügung mit folgendem Tenor: „Gemäß §§ 44 Abs. 1 und 47 Bundesbeamtengesetz (BBG) i.V.m. §§ 2 und 4 Bundespolizeibeamten­gesetz (BPolBG) versetze ich Sie mit Ablauf des 31.01.13 wegen Polizei- und allgemeiner Beamtendienstunfähigkeit in den Ruhestand.“ Im Rahmen der Begründung führte die Beklagte aus, nach der Stellungnahme des sozial­medizinischen Dienstes vom 20.07.12 sei der Kläger gesundheitlich nicht uneingeschränkt geeignet für den Polizeivollzugsdienst. Darüber hinaus sei auch seine allgemeine Dienstfähigkeit nicht mehr gegeben.
[Nach der Versetzung in den Ruhestand beantragt der Beamte - wegen dienstunfallrechtlicher Ausschlussfristen möglicherweise zu spät - die Anerkennung weiterer Unfallfolgen, die abgelehnt wird:]
6 Nach seiner Versetzung in den Ruhestand begehrte der Kläger die Anerkennung weiterer Unfallfolgen. Seine Anträge auf Anerkennung einer psychologischen Beeinträchtigung, Depression, mittelgradig depressiven Episode, Angst, depressiven Störung und Posttraumatischen Belastungsstörung bzw. eines Schmerzsyndroms im Bereich des linken Kniegelenkes als Dienstunfallfolgen lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 07.11.16 und vom 08.11.16 - bestandskräftig - ab.
[Nun nähert sich die Entscheidung der eigentlichen Frage: Der Beamte beantragt ein Unfallruhegehalt:]
7 Mit Bescheid vom 24.05.13 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Unfallruhegehalt ab, weil sein Dienstunfall nicht kausal für die Dienstunfähigkeit sei. Den hiergegen am 24.06.13 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.07.17 zurück.
8 Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die am 02.08.17 erhobene Klage des Klägers mit Urteil vom 10.10.18 ab (1 K 12884/17). Ein Dienstunfall sei nur dann für die Dienstunfähigkeit im Rechtssinne „kausal“, wenn er unter mehreren tatsächlichen Gründen die bestimmende Ursache für die Dienstunfähigkeit und die Versetzung in den Ruhestand gewesen sei. Für die Beantwortung der Frage, weshalb ein Beamter in den Ruhestand versetzt worden sei, komme es auf die Versetzungsverfügung an. Nehme diese auf ärztliche Feststellungen Bezug, seien allein diese Feststellungen maßgeblich. Die Bindungswirkung der Versetzungsverfügung erstrecke sich auch auf den Grund der Zurruhesetzung als unselbstständigen Teil dieser Verfügung. Nach bestandskräftiger Zurruhesetzungsverfügung der Beklagten vom 07.01.13 beruhe die Versetzung des Klägers in den Ruhestand auf seiner Polizei- und allgemeinen Dienstunfähigkeit. Zur Begründung der Zurruhesetzung werde auf die Stellungnahme des sozial­medizinischen Dienstes vom 20.07.12 verwiesen, die ihrerseits für die zur Dienstunfähigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst führenden Leiden auf den Verlaufsbericht der Psychotherapeutin L. verweise. Nach der ausdrücklichen Formulierung in der Stellungnahme des sozial­medizinischen Dienstes seien die zur Dienstunfähigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst führenden Leiden jedoch nicht Folge eines anerkannten Dienstunfalls. Diese Feststellung sei auch für das hiesige Verfahren verbindlich.
9 Der Kläger wendet sich im Berufungszulassungsverfahren gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Frage, ob seine Zurruhesetzung auf einem Dienstunfall beruhe, bereits in der Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand rechtsverbindlich (negativ) geklärt worden und daher im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu prüfen sei. Er begründet dies damit, dass das Gesetz eine Versetzung in den Ruhestand wegen eines Dienstunfalls nicht kenne. Auch enthalte die Zurruhesetzungsverfügung keine Entscheidung über die Kausalität des Dienstunfalls für seine Dienstunfähigkeit. Tatsächlich sei der Dienstunfall für seine Dienstunfähigkeit kausal gewesen. Denn seine Eignung für den allgemeinen Verwaltungsdienst sei wegen der stark erhöhten Ausfallzeiten aufgrund der Schmerzsymptomatik, die Teil der als Dienstunfall festgestellten Gesundheitsstörungen sei, nicht mehr gegeben gewesen.
[Das Verwaltungsgericht hat die auf Gewährung eines Unfallruhegehalts gerichtete Klage des pensionierten Beamten abgewiesen. Im Folgenden geht es nun um die Frage, ob das Verwaltungsgericht Fehler gemacht hat, welche die Zulassung einer Berufung rechtfertigen.]

B.
10 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den vom Kläger in der fristgemäßen Antragsbegründung genannten - und somit nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen - Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
I.
11 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige dagegensprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, beziehungsweise wenn der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Senatsbeschluss vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263). Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.00 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392, und Beschluss vom 03.03.04 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83), wobei jedoch alle tragenden Begründungsteile angegriffen werden müssen, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf mehrere jeweils selbständig tragende Erwägungen gestützt ist (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 - und Beschluss vom 11.09.02 - 9 B 61.02 -, Juris). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Dies kann regelmäßig nur dadurch erfolgen, dass konkret auf die angegriffene Entscheidung bezogen aufgezeigt wird, was im Einzelnen und warum dies als fehlerhaft erachtet wird. Eine Bezugnahme auf früheren Vortrag genügt dabei regelmäßig nicht (vgl. schon Senatsbeschluss vom 19.05.1998 - 4 S 660/98 -, Juris).
12 Der Senat hegt keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Klage abzuweisen. Der Kläger hat im Ergebnis keinen Anspruch auf Unfallruhegehalt. Sein Zulassungsvorbringen überzeugt nicht vom Gegenteil.
[Im Folgenden führt das Oberverwaltungsgericht zum Dienstunfallrecht der Bundesbeamten aus.]
13 1. Ein Beamter erhält nach § 36 Abs. 1 BeamtVG Unfallruhegehalt, wenn er infolge eines Dienstunfalles dienstunfähig geworden und deswegen in den Ruhestand getreten ist. Der Gebrauch der Formulierungen „infolge“ und „deswegen“ in § 36 Abs. 1 BeamtVG macht deutlich, dass die Gewährung von Unfallruhegehalt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Dienstunfall und der Zurruhesetzung voraussetzt: Der Dienstunfall des Beamten muss einen Körperschaden verursacht haben (K 1). Genau dieser Körperschaden muss die wesentliche Ursache für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Beamten sein (K 2), die kausal zu seiner Zurruhesetzung geführt hat (K 3). Erforderlich ist mithin eine dreifache Kausalität.
14 2. Unproblematisch gegeben ist im Falle des Klägers die Kausalität zwischen Dienstunfähigkeit und Zurruhesetzung (K 3). Die Frage, ob der Beamte wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden, lässt sich bindend bereits dem Zurruhesetzungsbescheid entnehmen. Denn der Regelungsgehalt einer auf Grundlage von Abschnitt 5 Unterabschnitt 2 oder 3 des Bundesbeamtengesetzes erfolgenden Zurruhesetzungsverfügung umfasst als unselbständiger Teil der Verfügung neben der Feststellung der Zurruhesetzung auch den Grund der Zurruhesetzung, nämlich Dienstunfähigkeit (§ 44 BBG) oder Erreichen der jeweiligen (Antrags-)Altersgrenze (§§ 51 f. BBG) (BVerwG, Urteil vom 25.10.07 - 2 C 22.06 -, Juris Rn. 12). Nach dem Beginn des Ruhestandes ist eine Auswechslung dieses Grundes etwa durch Widerruf, Rücknahme oder Wiederaufgreifen des Verfahrens sowohl zugunsten wie auch zu Lasten des Beamten ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn für diesen Grund maßgebliche Umstände sich nachträglich geändert haben (BVerwG, Urteil vom 30.04.14 - 2 C 65.11 -, Juris Rn. 23 ff.). Eine Gewährung von Unfallruhegehalt auf Grundlage von § 36 Abs. 1 BeamtVG kommt daher nur in Betracht, wenn der Beamte auf Grundlage von § 44 BBG in den Ruhestand versetzt worden ist, wie dies beim Kläger mit Bescheid vom 07.01.13 erfolgt ist.
[Jetzt treten Kausalitätsfragen ins Zentrum:]
15 3. Der Kläger hat jedoch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es fehle an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen den dienstunfallbedingten Gesundheitsschäden und dem Eintritt seiner allgemeinen Dienstunfähigkeit, welche Grund für seine Versetzung in den Ruhestand war (K 2), im Ergebnis nicht substantiiert in Frage stellen können.
16 a) Ein Anspruch des Klägers auf Unfallruhegehalt gemäß § 36 BeamtVG ist allerdings nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, durch Bescheid der Bundespolizei­direktion S. vom 07.01.13 bereits bestandskräftig festgestellt wäre, dass die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers nicht auf einem Dienstunfall beruht.
17 (i) Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung des Dienstherrn über den Grund der Dienstunfähigkeit eines in den Ruhestand zu versetzenden Beamten bereits im Zur­ruhesetzungs­verfahren ist nicht durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 25.10.07 - 2 C 22.06 -, Juris Rn. 12) vorgezeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht spricht explizit davon, als unselbständiger Teil der Versetzungsverfügung von deren Bestandskraft erfasst sei der „Grund der Zurruhesetzung“, nicht (auch) der „Grund der Dienstunfähigkeit“. Eine Entscheidung über den Grund der Dienstunfähigkeit - oder, anders gesagt, über die Kausalität eines Dienstunfalles für die Dienstunfähigkeit - ist auch von Gesetzes wegen in diesem Stadium der Zurruhesetzung (noch) nicht geboten. Denn das Bundesbeamtenrecht regelt nur die genannten Zurruhesetzungstatbestände wegen Dienstunfähigkeit oder aufgrund Antrags; eine gesonderte Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit aufgrund eines Dienstunfalles kennt das Bundesbeamtengesetz hingegen, worauf der Kläger zurecht hinweist, ebenso wenig wie die Landesbeamtengesetze (Senatsbeschluss vom 13.03.19 - 4 S 3017/18 -, Juris Rn. 3).
18 (ii) Die Bundespolizei­direktion S. hat mit Bescheid vom 07.01.13 auch keine der Rechtskraft fähige - und damit mangels Widerspruchseinlegung zwischenzeitlich bestandskräftige - Feststellung des Inhalts getroffen, die Dienstunfähigkeit des Klägers beruhe nicht auf einem Dienstunfall. Daher bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob dem Dienstherrn für eine derartige, in Rechte des Beamten eingreifende Feststellung (bereits) im Rahmen der Zurruhesetzung eine Ermächtigungsgrundlage zur Seite steht.
19 (1) Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist anhand der zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln; dabei ist der objektiv erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (BVerwG, Urteile vom 09.05.12 - 6 C 3.11 -, Juris Rn. 39, und vom 21.06.06 - 6 C 19.06 -, Juris Rn. 78). Gerade bei feststellenden Regelungen bedarf es schon aus Gründen des rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebots einer besonders klaren Trennung zwischen Feststellungen, durch die die Behörde verbindlich festlegen will, was im Einzelfall rechtens sein soll, und grundsätzlich nicht an der Bindungswirkung des Verwaltungsakts teilnehmenden, sei es auch tragenden Begründungselementen. Insoweit spricht bei objektiver Würdigung regelmäßig Überwiegendes dafür, dass eine Regelungsabsicht der Behörde nur insoweit besteht, als diese im Bescheidtenor dokumentiert ist, während in den Gründen des Bescheids enthaltene Feststellungen im Regelfall lediglich der Begründung der im Tenor getroffenen Regelungen dienen, so dass eine Bindungswirkung insoweit ausscheidet (BVerwG, Urteil vom 05.11.09 - 4 C 3.09 -, Juris Rn. 21 ff.). Dafür, dass insoweit im Dienstunfallrecht generell Abweichendes gelten könnte, gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 06.05.19 - 14 B 17.1926 -, Juris Rn. 57).
20 (2) Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ergibt eine Auslegung des Bescheids vom 07.01.13, dass die Bundespolizei­direktion S. allein die Zurruhesetzung des Klägers wegen Dienstunfähigkeit geregelt hat. Dagegen erfolgte keine verbindliche Feststellung dahingehend, dass die Dienstunfähigkeit des Klägers nicht auf einem Dienstunfall beruht (K 1 und K 2), womit auch über die unfallbedingte Zurruhesetzung nicht entschieden wurde (K 3).
21 Der Zurruhesetzungsbescheid der Bundespolizei­direktion S. vom 07.01.13 enthält im Tenor keine ausdrückliche Feststellung dahingehend, die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers sei nicht Folge des anerkannten Dienstunfalls vom 08.11.05.
22 Allerdings verweist die Bundespolizei­direktion S. in der Begründung ihres Bescheides auf die Stellungnahme des sozial­medizinischen Dienstes vom 20.07.12, welche ihrerseits die explizite Aussage enthält, dass die zur Dienstunfähigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst führenden Leiden - anders als die zur Polizeidienstunfähigkeit führenden Körperschäden - nicht Folge eines anerkannten Dienstunfalls oder einer Dienstbeschädigung seien. Vermögen reine Begründungselemente des Zurruhesetzungsbescheids nach dem Gesagten aber bereits grundsätzlich keinen Regelungscharakter zu entfalten, gilt dies erst recht im vorliegenden Fall, in dem auch in der Begründung des Bescheids selbst keine Ausführungen zum (Nicht-)Beruhen der Dienstunfähigkeit auf einem Dienstunfall getroffen wurden, sondern allein auf die sozial­medizinische Stellungnahme verwiesen wurde. Allein durch diesen Verweis kann den in der Stellungnahme enthaltenen Feststellungen, auch wenn sie dem Kläger bekannt und nicht zuletzt im Anhörungsverfahren zugesandt worden sind, bereits aus Gründen der Rechtsklarheit kein der Bestandskraft fähiger Regelungsgehalt zukommen.
23 Anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, dass die Bundespolizei­direktion S. im Rahmen der Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 04.10.12 wie auch im Zurruhesetzungsbescheid vom 07.01.13 zur Begründung allein auf die Stellungnahme des sozial­medizinischen Dienstes vom 20.07.12 verwiesen hat, so dass auch für den Kläger kein Zweifel daran bestanden haben kann, dass sie sich dessen Aussagen vollumfänglich und einschränkungslos zu eigen macht. Der Bezugnahme auf die im Rahmen des Zur­ruhesetzungs­verfahrens eingeholten ärztlichen Feststellungen kommt vielmehr auch in diesen Fällen lediglich die Funktion zu, das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Dienstunfähigkeit gemäß § 44 BBG zu begründen. Eine der Bestandskraft fähige Regelung dahingehend, dass die im Gutachten genannten Gesundheitsstörungen die Dienstunfähigkeit begründet haben oder dass diese (nicht) auf einem Dienstunfall beruht, lässt sich auch in diesem Fall der Bezugnahme auf die amtsärztliche Stellungnahme allein im Rahmen der Begründung der Zurruhesetzungsverfügung nicht entnehmen. Dies sei - insbesondere vor dem Hintergrund der bisherigen Senatsrechtsprechung (Urteile vom 20.07.16 - 4 S 2467/15 -, Juris Rn. 61 ff., und vom 24.03.15 - 4 S 2562/13 -), der eine weitergehende Bindungswirkung der Versetzungsverfügung entnommen werden könnte - klargestellt.
24 b) Ist der Kläger mit seinem Vortrag, seine Dienstunfähigkeit sei dienstunfallbedingt, damit nicht bereits aufgrund der Bestandskraft des Zurruhesetzungsbescheids von vornherein ausgeschlossen, hat er andererseits seine Auffassung, die (allgemeine) Dienstunfähigkeit beruhe auf Körperschäden, die ihre Ursache im Dienstunfallgeschehen hätten, nicht substantiieren können. Vielmehr ist der Senat der Auffassung, dass es hinsichtlich der Schmerzsymptomatik an der Kausalität zwischen Körperschaden und (allgemeiner) Dienstunfähigkeit (K 2), wegen derer der Kläger in den Ruhestand versetzt wurde (K 3), und mit Blick auf die psychiatrische Symptomatik schon an der Kausalität des Dienstunfalls für den Körperschaden (K 1) fehlt.
25 Für den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Dienstunfall und Körperschaden (K 1) sowie zwischen Körperschaden und Dienstunfähigkeit (K 2) trägt, soweit die Kausalität nicht auch insoweit im Einzelfall bereits bestandskräftig festgestellt ist, der Beamte die volle materielle Beweislast (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.07.16 - 4 S 2467/15 -, Juris Rn. 38).
26 Der Kläger hat am 08.11.05 beim Dienstsport einen Dienstunfall erlitten; dies steht aufgrund des Bescheids der Bundespolizei­direktion S. vom 10.05.06 bestandskräftig und auch für die Versorgungsbehörde bindend fest. Dieser Dienstunfall hat Gesundheitsschäden verursacht; als Dienstunfallfolgen anerkannt wurden mit Bescheiden vom 10.05.06 und vom 17.02.10 eine Distorsion linkes oberes Sprunggelenk sowie eine posttraumatische Arthrofibrose linkes oberes Sprunggelenk bei Zustand nach Außenband- und Kapselruptur.
27 Der Kläger hat seinen Vortrag, seine Dienstunfähigkeit (auch) für den allgemeinen Verwaltungsdienst beruhe auf der dienstunfallbedingten Schmerzsymptomatik, nicht substantiieren können.
28 (i) Für die Frage, welche Körperschäden für den Eintritt der Dienstunfähigkeit des Klägers kausal waren (K 2), ist die sozial­medizinische Stellungnahme vom 20.07.12, auf die die Bundespolizei­direktion S. in der Zurruhesetzungsverfügung vom 07.01.13 verwiesen hat, von vorrangiger Bedeutung.
29 (1) Die Einholung eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Betroffenen stellt gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 BBG den zwingenden ersten Schritt des Zur­ruhesetzungs­verfahrens dar; ohne ein solches Gutachten darf ein Beamter nicht wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden. Im Rahmen des Zur­ruhesetzungs­verfahrens obliegt es dem Arzt, als sachverständiger Helfer den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und medizinisch zu bewerten und damit dem Dienstherrn die Fachkenntnis zu vermitteln, die für die von ihm zu treffende und zu verantwortende Entscheidung über die Dienstunfähigkeit des Beamten erforderlich ist.
30 Insbesondere dann, wenn sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Bescheid selbst zur Begründung der Zurruhesetzung des Beamten nur bzw. im Wesentlichen auf die entsprechenden Feststellungen des zuvor eingeholten amtsärztlichen Gutachtens Bezug genommen wird, ist daraus zu schlussfolgern, dass der Dienstherr den Beamten gerade aufgrund der in der ärztlichen Stellungnahme genannten Gesundheitsschäden zur Ruhe setzt (Senatsurteile vom 24.03.15 - 4 S 2562/13 -, und vom 20.07.16 - 4 S 2467/15 -, Juris Rn. 45 ff.). Auch wenn damit die Kausalität der im Gutachten genannten Gesundheitsschäden für die Dienstunfähigkeit des Beamten (K 2) nicht im Sinne einer der Bestandskraft unterliegenden Regelung festgestellt ist, muss sich der Dienstherr doch im Regelfall schon aus Vertrauensschutzgesichtspunkten hieran festhalten lassen. Auch für das Unfallruhegehalt hat der Dienstherr daher regelmäßig - von Ausnahmekonstellationen wie bewusster Täuschung auf Seiten des Beamten abgesehen - diejenigen ärztlich festgestellten Erkrankungen als für die Dienstunfähigkeit kausal anzusehen, die auch der Annahme der Dienstunfähigkeit im Rahmen des Zur­ruhesetzungs­verfahrens zugrunde lagen.
31 Anders ist dies eventuell für mögliche weitergehende ärztliche Feststellungen im amtsärztlichen Gutachten zu beurteilen, die sich insbesondere zu der Frage verhalten, ob die festgestellten Gesundheitsschäden durch einen Dienstunfall verursacht wurden (K 1). Denn nachdem das Gesetz keine Zurruhesetzung wegen Dienstunfalls kennt, hat auch das im Zur­ruhesetzungs­verfahren eingeholte ärztliche Gutachten einzig die Aufgabe, dem Dienstherrn die für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln; dazu gehören zwar die zu diagnostizierenden Gesundheitsschäden und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Beamten, nicht aber deren Ursache(n). Auch hat der Dienstherr im Zur­ruhesetzungs­verfahren vor dem Hintergrund, dass er gegenwärtig nur über die Dienstunfähigkeit des Beamten zu entscheiden hat, keine Veranlassung, sich bereits mit der Frage der Kausalität des Dienstunfalls für die zur Zurruhesetzung führenden Gesundheitsschäden auseinanderzusetzen. Dessen ungeachtet ist er gut beraten, sich bereits im Zurruhesetzungsbescheid von etwaigen Feststellungen zur Dienstunfallbezogenheit zu distanzieren, sollte er diesen nicht folgen wollen.
32 (2) Von Bedeutung ist das amtsärztliche Gutachten indes auch für den Beamten. Regelmäßig - so auch vorliegend - erlangt er spätestens im Anhörungsverfahren Kenntnis von den im Gutachten enthaltenen Aussagen und von der Absicht des Dienstherrn, auf der Grundlage dieser sachverständigen ärztlichen Feststellungen eine Entscheidung über seine Dienstunfähigkeit zu treffen. Erhebt der Beamte im Rahmen der Anhörung keine Einwendungen im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 BBG gegen die amtsärztliche Stellungnahme und begibt er sich damit der Möglichkeit, zeitnah - etwa durch ein ergänzendes ärztliches Gutachten - klären zu lassen, welche Gesundheitsschäden für seine Dienstunfähigkeit kausal sind, ist es ihm zwar nicht grundsätzlich verwehrt, zu einem späteren Zeitpunkt den Inhalt des amtsärztlichen Gutachtens infrage zu stellen. Entsprechend hoch sind jedoch die Anforderungen an den Vortrag des Beamten, der die volle materielle Beweislast für den Nachweis des geforderten Kausalzusammenhangs trägt, um nachträglich den Beweiswert der amtsärztlichen Stellungnahme, der mit Blick auf die Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes wie auch seine idealerweise bestehende große Erfahrung und Sachkunde bei der Beurteilung von Dienstfähigkeit regelmäßig ein großes Gewicht zukommt (BVerwG, Beschluss vom 08.03.01 - 1 DB 8.01 -, Juris Rn. 12, und Urteil vom 09.10.02 - 1 D 3.02 -, Juris Rn. 22), zu entkräften und vollen Beweis hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen bestimmten, im amtsärztlichen Gutachten nicht genannten oder als Ursache für die Dienstunfähigkeit des Beamten explizit ausgeschlossenen Körperschäden und seiner Dienstunfähigkeit zu erbringen.
33 (3) Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger seine Auffassung, der Dienstunfall vom 08.11.05 habe die wesentliche Ursache für den Eintritt seiner allgemeinen Dienstunfähigkeit gesetzt (K 1 und K 2), nicht substantiiert.
34 (a) Aus der ärztlichen Stellungnahme des sozial­medizinischen Dienstes vom 20.07.12, die wiederum auf das sozial­medizinische Gutachten vom 11.08.10 verweist, ergibt sich, dass der Kläger aufgrund einer mit Schmerzen verbundenen Bewegungseinschränkung der unteren Extremität für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr uneingeschränkt gesundheitlich geeignet war. Aus dieser Bewegungseinschränkung ergab sich für den sozial­medizinischen Dienst allerdings nicht auch die fehlende gesundheitliche Eignung des Klägers für den allgemeinen Verwaltungsdienst; im Gegenteil wurde im Gutachten vom 11.08.10 die Eignung des Klägers für den allgemeinen Verwaltungsdienst, auch wenn infolge des körperlichen chronischen Beschwerdebilds mit höheren Ausfallzeiten des Klägers zu rechnen sei, ausdrücklich bejaht. Diese Bewertungen wurden in der Stellungnahme vom 20.07.12 in keiner Weise relativiert. Die Annahme der allgemeinen Dienstunfähigkeit begründete der sozial­medizinische Dienst am 20.07.12 vielmehr (allein) durch Verweis auf den Verlaufsbericht der seinerzeit behandelnden psychologischen Psychotherapeutin L. vom 19.06.12. Diese hatte beim Kläger eine mittelgradig schwere Depression (ICD-10 F32.1) sowie eine Posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) diagnostiziert; eine Arbeitsfähigkeit des Klägers sei aufgrund der benannten psychischen Verfassung nicht gegeben.
35 Mit seinem erstmals in der Zulassungsbegründung erfolgten Vortrag, wahre Ursache nicht nur der Polizeidienstunfähigkeit, sondern auch seiner allgemeinen Dienstunfähigkeit seien die Schmerzzustände gewesen, die ihre Ursache im Dienstunfallgeschehen gehabt hätten, ist der Kläger zwar nach dem Gesagten nicht von vornherein ausgeschlossen. Vorliegend fällt jedoch ins Gewicht, dass der sozial­medizinische Dienst hinsichtlich der Bewertung der allgemeinen Verwaltungsdienstunfähigkeit des Klägers dem Verlaufsbericht der Psychotherapeutin L. vom 19.06.12 gefolgt ist, den dieser gerade mit dem Ziel, die Beklagte von seiner vollständigen Dienstunfähigkeit zu überzeugen, vorgelegt hatte. Vor diesem Hintergrund wie auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger, dem der Inhalt des sozial­medizinischen Gutachtens spätestens seit dem Schreiben der Bundespolizei­direktion S. vom 04.10.12 bekannt war, die Feststellungen des Gutachtens nicht in Zweifel gezogen, geschweige denn zeitnah darauf verwiesen hat, (auch) aus anderen, im Dienstunfallgeschehen wurzelnden Gründen auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst nicht mehr geeignet zu sein, müsste der Kläger mit der Berufungszulassungsbegründung substantiiert geltend machen, weshalb dennoch die Bewertung des sozial­medizinischen Dienstes, die allgemeine Dienstunfähigkeit beruhe allein auf psychiatrischen Erkrankungen, fehlerhaft bzw. jedenfalls unvollständig gewesen sein soll.
36 Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht. Vielmehr beschränkt er sich in seiner Zulassungsbegründung allein auf den Verweis darauf, dass der sozial­medizinische Dienst in zwei weiteren, unter dem 06.03.15 bzw. 19.10.17 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gekommen sei, der Kläger sei aufgrund der Schmerzsymptomatik und der damit verbundenen stark erhöhten Ausfallzeiten nicht für den allgemeinen Verwaltungsdienst geeignet. Insoweit übersieht er aber, dass Aussagen zum Gesundheitszustand des Klägers über zwei bzw. fast fünf Jahre nach seiner Zurruhesetzung, die sich eindeutig auf den Zeitpunkt der Gutachtenserstellung beziehen, einen nur eingeschränkten Rückschluss auf seinen Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung und für die Frage, ob er bereits damals aufgrund der mit der massiven Arthrose des linken Sprunggelenks zusammenhängenden Schmerzsymptomatik auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst geeignet war, zulassen. Dies gilt umso mehr, als sich die Arthrose, wie der sozial­medizinischen Stellungnahme vom 19.10.17 zu entnehmen ist, im Zeitverlauf verschlechtert hat. Auch setzt sich der Kläger nicht damit auseinander, dass sich bereits das Gutachten vom 11.08.10 mit der Frage beschäftigt hat, ob die Schmerzsymptomatik auch die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers zur Folge haben könnte (K 2). Seinerzeit war der Gutachter allerdings zu folgendem Ergebnis gekommen: „Der Beamte ist gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Aufgrund des beschriebenen, körperlichen chronischen Beschwerdebildes ist mit einer höheren Ausfallzeit des Beamten zu rechnen. Eine entsprechende arbeitsmedizinisch begleitete Anpassung des Arbeitsplatzes wäre nötig. Eine heimatnahe Verwendung zur Reduktion der Fahrtätigkeit wäre wünschenswert“. Der Kläger hat es unterlassen, darzulegen - und, etwa durch Vorlage entsprechender fachärztlicher Gutachten, zu belegen -, dass und weshalb diese Einschätzung, auf die die Stellungnahme vom 20.07.12 einschränkungslos verweist, entweder schon 2010 unzutreffend gewesen sei oder aber dass sich sein Gesundheitszustand bereits bis zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung maßgeblich verschlechtert habe. Hierzu hätte umso mehr Anlass bestanden, als die Einschätzung des sozial­medizinischen Dienstes, der Kläger sei weiterhin für den allgemeinen Verwaltungsdienst geeignet, und das hierauf folgende Schreiben der Bundespolizei­direktion S. vom 19.08.10, wonach beabsichtigt sei, den Kläger anderweitig zu verwenden und hierfür entsprechend zu unterweisen, Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart war (6 K 4023/11). Um die Beklagte von der - von ihr bislang bestrittenen - Dienstunfähigkeit auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst zu überzeugen, legte er indes in der mündlichen Verhandlung nicht etwa ein orthopädisches oder schmerztherapeutisches Gutachten vor, sondern allein den Verlaufsbericht der Psychotherapeutin L. vom 19.06.12, die zum Ergebnis einer Dienstunfähigkeit aufgrund psychiatrischer Diagnosen kam.
37 Damit hat der Kläger nicht substantiiert darlegt, geschweige denn durch entsprechende (fach- )ärztliche Gutachten belegen können, weshalb die sozial­medizinische Stellungnahme vom 20.07.12 zu Unrecht nicht die Schmerzzustände, sondern allein Diagnosen auf psychiatrischem Fachgebiet als für die allgemeine Verwaltungsdienstunfähigkeit ursächlich angesehen hat.
38 (b) Die hiernach für die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers allein kausalen Gesundheitsstörungen auf psychiatrisch-psychologischen Gebiet, wie sie mit Verlaufsbericht der Psychotherapeutin L. vom 19.06.12 dargelegt wurden, aber haben ihre wesentliche Ursache nicht in dem Dienstunfallgeschehen vom 08.11.05 (K 1).
39 Dies folgt zwar nicht schon daraus, dass mit Bescheiden vom 17.02.06 und vom 17.02.10 allein eine Distorsion des linken oberen Sprunggelenks und eine posttraumatische Arthrofibrose des linken oberen Sprunggelenks bei Zustand nach Außenband- und Kapselruptur als auf dem Dienstunfall beruhende Körperschäden anerkannt wurden. Denn die Entscheidung des Dienstherrn über die Anerkennung eines Dienstunfalls gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG hat keinen abschließenden Charakter dergestalt, dass allein die dort genannten Körperschäden als kausal durch den Dienstunfall verursacht angesehen werden könnten; dies gilt jedenfalls insoweit, als es sich um später zutage tretende, zeitnah zum Unfallhergang noch nicht absehbare Körperschäden handelt (vgl. dazu Thür. OVG, Urteil vom 23.08.16 - 2 KO 653/15 -, Juris Rn. 48 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 29.09.09 - 1 A 3343/07 -, Juris Rn. 13; Hess. VGH, Urteil vom 16.03.11 - 1 A 2808/09 -, Juris Rn. 45 ff.).
40 Hinsichtlich der psychischen Erkrankungen des Klägers fehlt es nicht nur an einer Anerkennung als Dienstunfallfolge auf Grundlage von § 45 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG. Vielmehr wurde der Antrag des Klägers vom 07.04.16 auf Anerkennung einer psychischen Beeinträchtigung, Depression, mittelgradig depressive Episode, Angst und depressive Störung, posttraumatische Belastungsstörung sowie Anpassungsstörung als weitere Unfallfolgen des Dienstunfalls vom 08.11.05 mit Bescheid der Generalzolldirektion vom 07.11.16 unter Berufung auf ein neurologischpsychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. S. vom 19.07.16 bestandskräftig abgelehnt; nach Prüfung und Auswertung lägen keine Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet aufgrund des Dienstunfalls vom 08.11.05 vor. Vor diesem Hintergrund besteht kein Raum für die Annahme, die von der Psychologin L. diagnostizierten psychischen Störungen hätten ihre Ursache im Dienstunfall vom 08.11.05. Anderes behauptet auch der Kläger in seiner Berufungszulassungsbegründung nicht.
II.
41 Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten in diesem Sinne setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, kann sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ergeben. Der Antragsteller genügt seiner Darlegungslast dann regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit er die Schwierigkeit des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, hat er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.00 - 1 BvR 830/00 -, Juris Rn. 17). Da dieser Zulassungsgrund ebenso wie der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 Vw- GO die Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall gewährleisten soll, muss zugleich deutlich gemacht werden, dass wegen der in Anspruch genommenen besonderen Schwierigkeiten der Ausgang des Berufungsverfahrens jedenfalls ergebnisoffen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.03.19 - 10 S 2788/17 -, Juris Rn. 18).
42 Jedenfalls am letzten Punkt fehlt es hier. Aus Sicht des Senats wäre der Ausgang eines Berufungsverfahrens, wie unter I. dargestellt, jedenfalls nicht ergebnisoffen. Da weiter ein wenig komplexer, überschaubarer Sachverhalt zu Entscheidung steht, scheiden zudem besondere tatsächliche Schwierigkeiten aus. Auch besondere rechtliche Schwierigkeiten vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Frage, wie weit die Bindungswirkung einer Zurruhesetzungsverfügung reicht, wenn in der Begründung auf ein ärztliches Gutachten Bezug genommen wird, mag zwar in der Rechtsprechung des Senats noch nicht letztlich geklärt gewesen sein; ihre Beantwortung ist jedoch nicht von überdurchschnittlicher Schwierigkeit. III.
43 Die Berufung ist schließlich nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache in diesem Sinne nur zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Beschluss des Senats vom 05.06.1997 - 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420, m.w.N.).
44 Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht. Der Kläger hat mit der Frage, „ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallruhegehalt, nämlich dass der Beamte in Folge eines Dienstunfalls dienstunfähig geworden und deshalb in den Ruhestand versetzt worden ist, im Rahmen der Entscheidung über die Gewährung des Ruhegehalts zu klären ist oder ob eine Bindung an die Begründung der Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand und gegebenenfalls in Bezug genommene ärztliche Feststellungen besteht“, zwar eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Indes fehlt es, wie dargelegt, an der gebotenen Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage für das vorliegende Verfahren. IV.
45 Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf § 63 Abs. 3 Nr. 2, § 47 Abs. 1 und 3, § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG, wobei der Senat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht eine monatliche Differenz von 677,71 EUR ansetzt. Der Streitwert beträgt nach der neueren Senatsrechtsprechung danach 24.397,56 EUR (36 x 667,71 EUR; vgl. Senatsbeschluss vom 06.02.19 - 4 S 861/18 -, Juris).
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