Reaktivierung des vorzeitig pensionierten Beamten
bei (ggf. teilweiser) Wiederherstellung der Dienstfähigkeit
Reaktivierung durch Dienstherrn |
Reaktivierung auf Antrag des Beamten |
Pflicht des Beamten, an Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zu
arbeiten,
§ 29 IV Beamtenstatusgesetz, §
46 IV BBG.
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Frist beachten, nur innerhalb von 5 (oder bis zu 10) Jahren nach
Pensionierung, § 29 I Beamtenstatusgesetz und Landesrecht
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Verpflichtung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, § 29
V Beamtenstatusgesetz.
Gerichtsentscheidung dazu
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Antrag stellen und durch medizinische Befunde untermauern.
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Bei Verweigerung der Untersuchung u. U. Beweislastumkehr,
vgl. z. B. § 44 II
Landesbeamtengesetz Niedersachsen.
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Amtsärztliche Untersuchung verlangen,
§ 29 V Beamtenstatusgesetz,
schon vor Antragstellung möglich.
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Widerspruch und Klage möglich,
Landesrecht beachten!
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Widerspruch und Klage gegen Ablehnung möglich, Landesrecht beachten!
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Bei Weigerung Verlust der Versorgungsbezüge und Disziplinarverfahren
möglich, vgl. z. B.
§ 71 Beamtenversorgungsgesetz Hamburg;
ebenso § 72 BeamtVG Niedersachsen
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Gesetzliche Grundlagen der Reaktivierung eines vorzeitig pensionierten Beamten
Bitte folgen Sie diesem Link, wenn Sie die gesetzlichen Vorschriften lesen möchten.
Auch Verwaltungsvorschriften haben Bedeutung.
Verwaltungsvorschrift zu §§ 26 ff. Beamtenstatusgesetz und §§ 41 ff. Hamb. Beamtengesetz
In der Verwaltungsvorschrift des Landes Hamburg gibt es zum Beispiel auf Seiten 6/7 unter der Überschrift "III. Wiederherstellung der
Dienstfähigkeit (§ 29 BeamtStG)" kurze Handlungsanweisungen für die Verwaltung.
Keine Pensionierung "auf Zeit". Keine "automatische" Reaktivierung
Bitte beachten Sie als Beamter auf Lebenszeit: es gibt für den "normalen Beamten" keine von vornherein
befristete Versetzung in den Ruhestand.
Immer wieder wird aber den betroffenen Beamten die beabsichtigte Versetzung in den
Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit so "verkauft". Sie glauben dann,
nach ein oder zwei Jahren seien sie "automatisch" reaktiviert, die
Rückkehr in den Dienst sei also sicher. So ist es nicht. Gemeint sein kann nur, dass eine Reaktivierung (theoretisch) möglich ist.
Eine Reaktivierung ist auf Initiative des Dienstherrn u. U. auch gegen den Willen des Beamten möglich.
Der Dienstherr kann den Beamten wieder in das Beamtenverhältnis berufen, wenn die Dienstfähigkeit ganz oder in bestimmtem Umfang wieder hergestellt ist.
Dazu bedarf es aber einer neuen, ausdrücklichen Entscheidung des
Dienstherrn, sei es nun auf eigenes Betreiben des Dienstherrn oder auf einen Antrag des Beamten hin.
Früher gab es in § 45 I BBG eine gesetzliche Fünfjahresfrist, nach deren Ablauf eine erneute
Berufung
gegen den Willen des Beamten nicht mehr zulässig war.
Das Bundesverfassungsgericht - 2 BvR 563/05 - hat am 10.08.06 entschieden, dass der Gesetzgeber
berechtigt war, die Frist im Hinblick auf solche Beamte aus dem Gesetz zu streichen, die noch nicht 55 Jahre alt sind.
In § 29 II Beamtenstatusgesetz ist eine solche Frist nicht enthalten. Eine Reaktivierung ist - gegen den Willen
des Beamten - also auch später noch möglich. Beachten Sie aber bitte davon eventuell abweichendes Bundes- oder Landesrecht.
In einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.10 geht es um ...
einen hessischen Beamten, der sich vergeblich gegen seine Reaktivierung wendet.
Die vorzeitig pensionierten Beamten sind verpflichtet, sich geeigneten
Maßnahmen zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit zu unterziehen und an Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen.
Dem Beamten, der reaktiviert werden soll, kann unter Umständen auch eine geringerwertige
Tätigkeit übertragen werden als vor der Versetzung in den Ruhestand.
Die Gesetze verpflichten den vorzeitig pensionierten mit abweichenden Formulierungen, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Alternative: Eine Reaktivierung ist auf Antrag des Beamten möglich.
Der Antrag auf Reaktivierung muss innerhalb bestimmter Frist gestellt werden.
Will der Beamte einen Antrag stellen, wieder aktiv werden zu dürfen, so sieht das Beamtenstatusgesetz vor, dass seit der Pensionierung
höchstens zehn
Jahre vergangen sein dürfen.
Vergleichen Sie dazu § 29 I Beamtenstatusgesetz.
Die Gesetze der Biundesländer sehen für den Antrag des Beamten auf Reaktivierung zum Teil kürzere Fristen vor.
Hamburg: Antrag auf Reaktivierung ist innerhalb von fünf Jahren zu stellen, § 43 HmbBG
Niedersachsen: 5 Jahre, § 44 Landesbeamtengesetz Niedersachsen
Das Landesbeamtengesetz Schleswig-Holstein (§ 43 I) weicht davon ab.
Bitte prüfen Sie im Ernstfall, ob unsere Hinweise noch aktuell sind oder die gesetzliche Regelung geändert wurde.
Die Bedeutung der Frist - OVG NRW, Beschluss vom 30.06.10 - 1 A 3293 / 08 -)
OVG NRW , Beschluss vom 30.06.10 - 1 A 3293 / 08 -
Bei der Fünfjahresfrist handelt es sich nicht um eine Verfahrensregelung lediglich
formeller Natur, sondern um eine materielle Ausschlussfrist für den
Reaktivierungsanspruch des Beamten bzw. um eine tatbestandliche Begrenzung
dieses Anspruchs. ...
... § 35 Satz 2 LBG NRW enthält nicht nur die
Regelung der Fünfjahresfrist, sondern regelt auch, dass der
Reaktivierungsantrag spätestens zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze
gestellt werden muss.
... die Fünfjahresfrist dient erkennbar zumindest vorrangig dem Schutz des Dienstherrn.
Er soll sich nur für einen begrenzten Zeitraum auf die Rückkehr des betroffenen Ruhestandsbeamten in den
Beamtendienst einstellen und entsprechende Vorkehrungen treffen müssen.
Der Dienstherr soll dadurch, dass er nur innerhalb einer bestimmten Frist im Falle einer wiederhergestellten
Dienstfähigkeit mit der Rückkehr von Ruhestandsbeamten rechnen und sich vorab darauf einstellen muss,
ein gewisses Maß an Personalplanungs- und Personalkostensicherheit erhalten.
... offen bleiben mag hier, ob die Fristregelung darüberhinaus auch der Vermeidung einer Rückkehr solcher
Ruhestandsbeamten dient, die wegen der seit der Zurruhesetzung verstrichenen Zeit dem Dienstbetrieb inzwischen
entfremdet und namentlich mit ihrer früheren Tätigkeit nicht mehr (hinreichend) vertraut sind.
Eine Reaktivierung auf Antrag des Beamten / der Beamtin lässt sich nicht in jedem Fall leicht erreichen.
Welche Schwierigkeiten es geben kann, zeigt ein Urteil des VG Lüneburg vom 20.06.07.
Der Dienstherr ist nicht immer gewillt, den Beamten wieder zu reaktivieren, es kann jahrelangen Streit geben.
Einen ähnlichen Fall können Sie nachverfolgen, wenn Sie in der
Rechtsprechungsdatenbank des Landes Niedersachsen die Entscheidung 5 LA 342/08 des OVG Lüneburg
vom 17.02.10 suchen, mit der über ein Urteil des VG Braunschweig vom 10.07.08 befunden wurde.
Es ging um die Telekom und ihre beharrliche Weigerung, eine geeignete Stelle für den wieder dienstfähigen Beamten zu finden.
Wieder einmal geht es um Begriffe wie "dienstliche Interessen" oder "zwingende dienstliche Gründe".
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit Urteil vom 13.08.08 - 2 C 41/07 - dazu geäußert,
wann zwingende dienstliche Gründe vorliegen, die einer Reaktivierung entgegen stehen können.
In einem zweiten Fall hat das Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.06.09, - 2 C 68.08 - ganz
gleich entschieden und
die Revision der Telekom gegen ein Urteil des VG Düsseldorf - 10 K 2562/07 - zurückgewiesen.
Zum Maßstab, der im Hinblick auf die wiederhergestellte Dienstfähigkeit anzulegen ist
Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil vom 02.02.18 - 1 A 613/14
Die Dienstfähigkeit des seine Reaktivierung begehrenden Beamten ist schon dann wiederhergestellt
i. S. v. § 46 Abs. 5 BBG, wenn sich bei der Gesamtschau der Funktionsämter,
die dem Statusamt des Beamten in der Beschäftigungsbehörde zugeordnet sind,
zumindest ein Einsatzbereich finden lässt, dessen gesundheitlichen
Anforderungen die Leistungsfähigkeit des Beamten in dem wiedergewonnenen
Umfang genügt.
Für die insoweit erforderliche positive Prognose genügt es, dass der Beamte gegenwärtig
dienstfähig ist und dies in der näheren Zukunft (zumindest für ein bis zwei Jahre) auch bleiben wird.
Anmerkungen zu Fragen der Reaktivierung vorzeitig pensionierter Beamter und
Beamtinnen
Wir sind noch nicht dazu gekommen, die folgende Entscheidung auszuwerten:
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.11.22 - BVerwG 2 C 4.21 -
ECLI:DE:BVerwG:2022:151122U2C4.21.0 -
Schadensersatz wegen verzögerter
Reaktivierung eines wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand
versetzten Beamten Leitsätze:
1. Der Antrag eines Ruhestandsbeamten auf
erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nach § 29 Abs. 1 BeamtStG bedarf
nicht der Schriftform.
2. Der Dienstherr darf die erneute Berufung in
das aktive Beamtenverhältnis nicht solange hinauszögern, bis ein passender
Dienstposten zugewiesen werden kann. Zwingende dienstliche Gründe stehen dem
Reaktivierungsantrag nur entgegen, wenn der Dienstherr für den
Ruhestandsbeamten keinen zumutbaren Aufgabenbereich einrichten kann.
3. Für die Bestimmung der angemessenen Bearbeitungsdauer eines
Reaktivierungsantrags kann nicht auf die in § 75 VwGO enthaltenen Fristen
zurückgegriffen werden.
Mit Einzelheiten befasst sich der bekannte Beamtenrechtler Dr. Andreas
Reich in dem Aufsatz "Betriebliches Eingliederungsmanagement bei Reaktivierung", in: ZBR 2014, 245 ff.
Besondere Regelungen für diese Fälle gibt es auch in den Beamtenversorgungsgesetzen, so zum Beispiel in § 86 des hamburgischen Beamtenversorgungsgesetzes. Bitte erwarten Sie nicht,
dass man jene besonderen Regelungen auf die Schnelle erklären könnte.
Sofern Ruhegehaltsempfängerinnen und Ruhegehaltsempfänger des Bundes
reaktiviert werden und ein geringeres Grundgehalt oder eine geringere bzw.
keine Amtszulage erhalten, ist § 19a BBesG anzuwenden.