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Heilfürsorge für Bundespolizeibeamte

BVerwG 2 C 49.13 - Beschluss vom 18.06.15

Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur Besoldung begrenzt dienstfähiger Beamter in Niedersachsen

Ein Zuschlag i.H.v. 5 % der Vollzeitbesoldung, mindestens aber 150 € monatlich, für niedersächsische Beamte, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch zeitanteilig Dienst leisten (begrenzte Dienstfähigkeit), ist im Hinblick auf das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, und den Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG, verfassungswidrig zu niedrig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angenommen und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Klägerin, eine verbeamtete Lehrerin, ist begrenzt dienstfähig mit 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit. Sie erhält wie ein entsprechend teilzeitbeschäftigter Beamter 50 % der vollen Besoldung. Das niedersächsische Besoldungsgesetz sieht zwar die Zahlung eines Zuschlags bei begrenzter Dienstfähigkeit vor, der jedoch in ihrem Fall durch eine „Aufzehrungsregelung“ auf einen Sockelbetrag von 150 € reduziert wird. Die Klage auf Feststellung, dass ihre Besoldung verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist, ist beim Oberverwaltungsgericht erfolglos geblieben.
In Anknüpfung an eine Entscheidung aus dem vergangenen Jahr (BVerwG, Urteil vom 27. März 2014 - BVerwG 2 C 50.11 - BVerwGE 149, 244) geht das Bundesverwaltungsgericht von folgenden verfassungsrechtlichen Maßstäben für die Besoldung begrenzt dienstfähiger Beamter aus: Nach dem in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Alimentationsprinzip bilden Dienstbezüge, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe beitragen kann, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern; die Alimentation ist zugleich Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm zur Verfügung stellt und seine Dienstpflichten nach Kräften erfüllt. Anders als beim freiwillig teilzeitbeschäftigten Beamten, der selbst darüber entscheidet, inwieweit er für die Sicherung eines angemessenen Unterhalts Abstriche von der vollen Besoldung hinnehmen kann und der wieder zur Vollzeit und damit zur vollen Besoldung zurückkehren kann, hat der begrenzt dienstfähige Beamte - wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung - diese Wahlfreiheit nicht. Er stellt sich mit allen seinen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten voll in den Dienst seines Dienstherrn. Daher gebietet das Alimentationsprinzip beim begrenzt dienstfähigen Beamten grundsätzlich eine Orientierung an der Alimentation für Vollzeitbeschäftigte. Allerdings darf der Normgeber auch den unterschiedlichen objektiven Umfang der Arbeitsleistung von begrenzt dienstfähigen Beamten einerseits und vollzeitbeschäftigten Beamten andererseits bei der Besoldung berücksichtigen und einer unerwünschten Attraktivität des Instituts der begrenzten Dienstfähigkeit entgegenwirken. Dem Normgeber stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, diesen Aspekten Rechnung zu tragen. Geeignet erscheint insbesondere eine Regelung, die als Zuschlag zur Teilzeitbesoldung einen prozentualen Teil der Differenz zwischen der Teilzeit- und der Vollzeitbesoldung gewährt.
Nach der Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichts genügt die gesetzliche Besoldungsregelung für begrenzt dienstfähige Beamte in Niedersachsen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Das Niedersächsische Besoldungsgesetz, das im Nachgang zu dem genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Dezember 2014 die Aufzehrungsregelung für den vorgesehenen Zuschlag von 5 % Vollzeitbesoldung durch einen Sockelbetrag i.H.v. 150 € abgemildert hat, bleibt hinter dem verfassungsrechtlich gebotenen Minimum zurück. Ein Zuschlag in dieser Größenordnung kann auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht als Orientierung an der Vollzeitbesoldung qualifiziert werden. Weil das Bundesverwaltungsgericht als Fachgericht die Verfassungswidrigkeit eines Parlamentsgesetzes nicht selbst feststellen kann, hat es das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

BVerwG 2 C 49.13 - Beschluss vom 18.06.15

Vorinstanzen:
OVG Lüneburg 5 LC 107/12 - Urteil vom 05.11.13
VG Osnabrück 3 A 153/09 - Urteil vom 14.12.12
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